Die Milliardenstrafe gegen den britischen Ölriesen BP ist nur eine Etappe im Prozessmarathon um die Bohrinsel Deepwater Horizon, deren Explosion dem Golf von Mexiko 2010 eine nie gesehene Ölpest bescherte. Professor David Uhlmann (50) von der University of Michigan Law School in Ann Arbor ist Experte für Umweltverbrechen; er war jahrelang Chef des Bereichs Umweltkriminalität im US-Justizministerium. Jens Schmitz ließ sich die Einigung von ihm erklären.
David Uhlmann: Für BP wurde eine Multi-Milliarden-Dollar-Strafe erwartet, es ist die höchste in der Geschichte der USA. Sie hätte aber noch weit höher ausfallen können. Die Maximalstrafe hätte beim Doppelten der Verluste gelegen, die mit dem Ölunfall zusammenhängen.
Uhlmann: Alles in allem ist es eine annehmbare Lösung für die Regierung und eine sehr gute für BP. Der Konzern hätte sehr viel mehr bezahlen können und hätte vielleicht auch sehr viel mehr bezahlen sollen angesichts der Schäden, die er verursacht hat.
Uhlmann: Die meisten Wirtschaftsverbrechen werden über vorherige Prozessabsprachen geregelt. Trotzdem wird ein Bundesrichter entscheiden, ob er BPs Geständnis akzeptiert und jenes Urteil spricht, das die beiden Parteien empfehlen. Er muss zustimmen, dass die Bedingungen dem Justizinteresse entsprechen, und BP rechtskräftig verurteilen. Ich gehe davon aus, dass der Vorschlag angenommen wird. Es würde mich aber nicht überraschen, wenn der Richter jene Bestimmungen ablehnt, die BP fünf Jahre Zeit geben würden, um zu bezahlen. Es gibt keinen Grund, warum BP nicht sofort zahlen kann.
Uhlmann: BP ist Hauptangeklagter und wird die höchsten Strafen bezahlen, aber Transocean und Halliburton können immer noch extrem hohe Sanktionen für ihre Rollen bei der Ölkatastrophe treffen.
Uhlmann: BP drohen wegen Verstößen gegen den Clean Water Act immer noch Zivilstrafen in Milliardenhöhe. Weitere Milliarden können wegen der Schädigung natürlicher Ressourcen unter dem Oil Pollution Act fällig werden. Diese Forderungen könnten locker weitere zehn bis 15 Milliarden Dollar ausmachen. Wahrscheinlich kommt es aber vor dem Prozess zu einer Einigung.
Uhlmann: Dann bleiben noch die Klagen jener Geschädigten übrig, die sich geweigert haben, jener Sammelklage beizutreten, zu der im März 2012 ein Vergleich erzielt wurde. Dem muss jedoch ebenfalls noch ein Gericht in New Orleans zustimmen.
Die Ölpest und die Folgen
Bei der Explosion der BP-Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko kamen im April 2010 elf Menschen ums Leben, anschließend strömten über Monate rund 800 Millionen Liter Öl ins Meer.
Am Donnerstag gaben BP und US-Justizminister Eric Holder bekannt, man hätte sich auf eine Strafe von 4,5 Milliarden US-Dollar geeinigt. Von der Summe fließt auch Geld an die National Fish and Wildlife Foundation und die National Academy of Sciences.
Von dem Deal ausgenommen sind die beiden führenden Aufseher der Plattform, die sich wegen Totschlags verantworten müssen, und ein BP-Manager, der den Kongress belogen haben soll. Ebenfalls gesondert wird noch über den Eigentümer der Plattform, Transocean, und das Unternehmen, das die Betonfassung der Quelle gefertigt hatte, Halliburton, verhandelt.
Bislang 14 Milliarden Dollar hat BP für die Bekämpfung der Ölpest ausgegeben und neun Milliarden an Betroffene ausgezahlt. Im März dieses Jahres erhielten weitere in einer Sammelklage zusammengeschlossene Opfer die Zusage über geschätzte 7,8 Milliarden Dollar. 2011 hat der Konzern einen Gewinn von 25,7 Milliarden Dollar erzielt.
Der Experte: Professor David Uhlmann lehrt an der University of Michigan Law School in Ann Arbor. Der Jurist ist in den USA ein gefragter Experte für Umweltrecht und Umweltverbrechen. Uhlmann hat unter anderem eine umfangreiche Forschungsarbeit zur größten Ölkatastrophe im Golf von Mexiko erarbeitet.