Das Video auf ihrer Facebook-Seite dauert nur gut zwei Minuten, aber es besiegelt einen Eklat. Nach dem Streit um die Uploadfilter hätten viele Unterstützer geschrieben, dass sie nun die Piratenpartei wählen wollten. „Das ist lieb gemeint, aber leider nicht das, was ich mir wünsche. Denn ich werde die Partei nicht wählen“, erklärt die 32-jährige Julia Reda ihren Anhängern. „Ich bin heute aus der Partei ausgetreten.“
2014 kam die gebürtige Bonnerin als einzige Abgeordnete der Piratenpartei in die europäische Abgeordnetenkammer und schloss sich da der grünen Fraktion an. Als Spezialistin für Internet-Sicherheit und Online-Themen prägte sie die Diskussion über die Datenschutz-Grundverordnung und nun eben auch zu den Uploadfiltern entscheidend mit, die sie strikt bekämpfte.
Doch der Rücktritt hat mit der Niederlage bei der Abstimmung im Parlament am Dienstag nichts zu tun: „Auf Listenplatz zwei kandidiert mein ehemaliger Mitarbeiter B.“, berichtet sie in dem Video. „Er hat unserer Arbeit gegen den Artikel 13 wie kein anderer Schaden zugefügt.“ Hintergrund sind schwere Vorwürfe gegen ihren früheren Büroleiter. Der zuständige Beirat des EU-Parlaments habe „festgestellt, dass Aspekte seines Verhaltens sexuelle Belästigung darstellten“. Das sei, so Reda weiter, gravierend, da dieses Gremium ansonsten eher zurückhaltend bei entsprechenden Beschwerden von Frauen reagiere. „So jemand darf nicht gewählt werden“, appelliert sie an ihre Unterstützer. „Jede Stimme für die Piratenpartei könnte die Stimme sein, dank derer B. ins Europäische Parlament gewählt wird“, warnt sie regelrecht.
Ein unüberlegter Schnellschuss ist der Schritt offenbar nicht. Bereits bei der Aufstellung der Europawahlliste gab es Widerstand gegen Redas Mitarbeiter. Aber selbst nach Bekanntwerden der konkreten Vorwürfe hatte es Parteiführung der Piraten abgelehnt, die Liste nachträglich zu ändern. Für Reda bedeutet dies zwar, dass sie ihr Mandat noch bis zum Ende der Legislaturperiode behalten darf, danach aber scheidet sie aus der europäischen Politik aus. Selbst wenn sie zu Bündnis 90/Die Grünen übertreten würde, käme sie zu spät: Deren Europawahlliste ist bereits beschlossen.