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ROM
Bewahrer statt Reformer
Von dpa-Korrespondent Hanns-Jochen Kaffsack
 |  aktualisiert: 11.02.2013 19:48 Uhr

Eine richtungweisende „Ära Benedikt“ ist es nicht geworden. Dafür war die Zeit des Joseph Ratzinger auf dem Stuhl Petri denn doch zu kurz und ein klarer Reformwille nicht zu sehen. Knapp acht Jahre regierte der Deutsche als Nachfolger des populären Johannes Paul II. die katholische Weltkirche. Dies gilt in der Zeitrechnung des Vatikans bereits nicht mehr nur als Zwischenspiel.

Der Bayer aus Marktl am Inn wird den Gläubigen trotz der Kürze seines Pontifikats in Erinnerung bleiben als einer, der das Gesicht seiner Kirche immens geprägt hat. Denn vor seiner von Krisen geschüttelten Zeit als Papst Benedikt XVI. war er über 20 Jahre lang als Kardinal Joseph Ratzinger „oberster Glaubenshüter“ der Kirche. Auch das Bild bleibt: Benedikt, der sich 2010 dem üblen Missbrauchsskandal der Kirche gestellt hat. Zwei Jahre später traf ihn die „Vatileaks“-Krise um veruntreute Dokumente von seinem Tisch.

Es ist ein Wechselbad der Gefühle. In den römischen Nieselregen mischt sich am 19. April 2005 weißer Rauch aus einem vatikanischen Schornstein. Zweieinhalb Wochen zuvor hatten Millionen Gläubige den charismatischen polnischen Pontifex beweint, ihren Johannes Paul II., gestorben 84-jährig nach einem schlimmem Leiden. Nun tritt abends im päpstlichen Gewand derjenige auf den Balkon des Petersdomes, der fast ein Vierteljahrhundert lang der mächtigste Mann hinter Karol Wojtyla war: Die Kardinäle haben im Konklave Joseph Ratzinger drei Tage nach seinem 78. Geburtstag an die Spitze der katholischen Kirche gewählt. Jahre später waren die Gefühle – gelinde gesagt – gemischt. Jener bayerische Theologieprofessor, der gar nicht Papst werden wollte, hatte mit seiner freundlichen und zurückhaltenden Art zunächst die Masse der Gläubigen in seinen eher unspektakulären Bann gezogen. Dann sorgten kritische Worte dieses brillanten Denkers, der für sich den Papstnamen Benedikt XVI. gewählt hatte, für Aufruhr bei Muslimen.

Kommunikationspannen des Vatikans verschlimmerten die Krise rund um die Wiederannäherung Roms an die erzkonservativen Pius-Brüder mit dem Holocaustleugner Richard Williamson. Später verbreiterte das häppchenweise Aufdecken sexuellen Missbrauchs die Kluft zwischen der Kirche und den Gläubigen – und das beileibe nicht nur in Deutschland. In dieser tiefsten Krise seiner Kirche seit langem beklagte er die „Sünde in der Kirche“, bat um Vergebung und forderte „null Toleranz“.

„Benedikt ist nicht gewählt worden, um das Steuer des Kirchenschiffs herumzureißen“, erläuterte einmal treffend der ehemalige Ratzinger-Schüler Wolfgang Beinert. „Er hat eine im Wesentlichen konservative Persönlichkeitsstruktur.“ Und so blieb er der ablehnenden Haltung zu Abtreibung, Sterbehilfe und Kondomen treu, betonte weiter die „Einzigartigkeit“ der katholischen Kirche und ließ begrenzt liturgische Formen aus der Zeit vor den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 - 65) wieder zu.

Um den Gesundheitszustand von Papst Benedikt XVI. ranken sich seit Jahren Gerüchte. Sein Bruder Georg Ratzinger äußerte sich schon bei der Papstwahl 2005 besorgt über dessen „nicht ganz so stabile Gesundheit“. Seither wird viel gemunkelt, richtig bestätigt ist so gut wie nichts: Im Sommer 1991 soll Joseph Ratzinger noch als Kurienkardinal einen Schlaganfall erlitten haben. Offiziell hieß es, er sei bei einem Sturz mit seinem Kopf an einen Heizkörper geprallt. Seitdem soll Benedikt jeden Morgen blutverdünnende Medikamente einnehmen.

Weiter berichteten Medien, Benedikt leide an Arthrose und habe Beschwerden im rechten Knie. Im Oktober 2011 ist er erstmals auf einem rollbaren Podest zur Sonntagsmesse im Petersdom erschienen. Der Vatikan erklärte, es gebe keinen medizinischen Grund. Spekulationen über seine Gesundheit flammten zu Ostern 2008 auf: Der Papst hatte das Kreuz die letzten drei Stationen des Kreuzwegs nicht selbst getragen. Laut Vatikan haben der starke Regen und die Kälte zu den Änderungen im Programm des Kreuzweges geführt. Gesichert hingegen ist Benedikts Armfraktur. In der Nacht zum 17. Juli 2009 brach er sich bei einem Sturz in seinem Ferienhaus im italienischen Aosta-Tal das rechte Handgelenk. Er soll im Badezimmer seines Chalets in Les Combes ausgerutscht sein.

 
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