Richter Frank Rosenow ist die Frage etwas unangenehm. Wie sie denn heute, ein Jahr nach ihrer Trennung, zu ihrem Mann stehe, will er von Bettina Wulff wissen, und ob es womöglich so etwas wie Hass zwischen ihnen gebe. Die Zeugin Wulff aber schaut nur kurz hinüber zur Anklagebank, wo ihr Mann zwischen seinen Anwälten sitzt, und sagt dann mit fester Stimme: „Davon kann überhaupt keine Rede sein.“ Nicht nur wegen ihres gemeinsamen Sohnes Linus sähen sie sich regelmäßig. „Wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis.“
Küsschen links, Küsschen rechts, vertraute Blicke – und eine Aussage, die Christian Wulff in diesem Verfahren sicher nicht schaden wird: Eine gute Stunde lang bestätigt die ehemalige First Lady vor dem Landgericht Hannover all das, was ihr Ehemann schon von Anfang an beteuert hat: Dass er mit dem Filmunternehmer David Groenewold seit Jahren eng befreundet ist, dass dieser bei ihnen regelmäßig ein- und ausgegangen ist und dass er sich in seiner offenen, fröhlichen und umtriebigen Art perfekt mit Christian Wulff ergänzt hat. Das Raunen, das in diesem Moment durch den Saal geht, weil das für viele Zuhörer so klingt, als sei der ehemalige Bundespräsident im Umkehrschluss eine norddeutsche Spaßbremse, entgeht allerdings auch seiner Frau nicht. „Das heißt jetzt aber nicht“, fügt Bettina Wulff schnell noch hinzu, „dass mein Mann nicht fröhlich ist.“
Sie hätte sich als Ehefrau auf ihr Recht zu schweigen berufen oder sich durch den Hintereingang ins Gericht schleichen können. Die 40-Jährige aber versteckt sich nicht, sondern bahnt sich am Vormittag mit demonstrativem Trotz ihren Weg durch die Meute aus Fotografen und Kameraleuten, die sich immer dann aufbaut, wenn das Landgericht prominente Zeugen wie sie oder die Schauspielerin Maria Furtwängler einbestellt hat.
An jenen Abend vor fünf Jahren, um den es in diesem Prozess geht, erinnert sich aber auch Bettina Wulff nur noch vage. Eines, allerdings hat sie sich dann doch gemerkt: Dass der Babysitter im Bayerischen Hof in München mit 110 Euro für vier Stunden ziemlich teuer war – und dass ihr Mann das Kindermädchen damals ziemlich attraktiv fand.
Den Verdacht der Staatsanwaltschaft, Groenewold habe seine Freundschaft zu Wulff auch aus geschäftlichen Motiven gepflegt und dieser sich für die Einladung zum Oktoberfest mit einer politischen Gefälligkeit revanchiert, kann sie nicht bestätigen. Im Gegenteil. Als sie ihren späteren Mann kennengelernt habe, sei der mit Groenewold schon gut befreundet gewesen.
„David“, wie sie ihn auch vor Gericht nennt, sei der Erste gewesen, der sie nach der Geburt des kleinen Linus im Krankenhaus besucht und den jungen Eltern gratuliert habe. Er verbrachte mit ihnen auf Sylt und auf Capri ein paar Urlaubstage und hielt bei ihrer Hochzeitsfeier eine Rede. „Das sind schon besondere Momente“, sagt Bettina Wulff. „Er ist uns sehr eng verbunden gewesen.“ Ein Freund, der gerne feiert, der andere gerne einlädt, der umgekehrt aber auch von den Wulffs immer wieder eingeladen worden sei. Mal habe er bezahlt, wenn sie sich getroffen hätten, mal sie. Kurz. „Es hat sich die Waage gehalten.“
Richter Rosenow wollte auch wissen, was beim Oktoberfest gegessen wurde und wer aus der Gesellschaft die fünf Flaschen Champagner getrunken habe, die den Großteil der über 3000 Euro teuren Rechnung für den Wiesn-Abend ausgemacht hätten. Von der ausgelassenen Champagnersause, die damals im Käfer-Zelt gefeiert worden sein soll, will Bettina Wulff nichts mitbekommen haben. Sie selbst, erzählt sie, habe noch gestillt und vielleicht ein halbes Glas getrunken, und ihr Mann mache sich ja sowieso nichts aus Alkohol. Wenn der es mal krachen lassen wolle, wiederholt sie ein Bonmot aus früheren Jahren, bestelle er sich anstelle von Wasser oder Apfelschorle einen Bananensaft. Da muss selbst Wulff, der anfangs noch ein wenig angespannt auf seinem Stuhl gesessen hatte, schmunzeln.
Viel wichtiger als Groenewolds Geschäfte waren ihm an jenem Abend ohnehin die nächsten Tatort-Folgen aus Hannover. Seine Frau jedenfalls erinnert sich noch gut, was er der Hauptdarstellerin Furtwängler im Käfer-Zelt unbedingt mit auf den Weg geben wollte: Dass die ARD Niedersachsen doch bitte etwas freundlicher darstellen solle. Ihre Krimis seien „so düster“.
Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer dürfte einmal mehr besorgt den Saal verlassen haben. Für die von ihm in der Anklage formulierten Vorwürfe finden sich bislang keine stützenden Zeugenaussagen.
Beim nächsten Prozesstag am kommenden Donnerstag will Richter Frank Rosenow ein Zwischenfazit ziehen. Mit Spannung wird erwartet, ob der Prozess noch wie bisher geplant bis April weitergehen wird.
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hans-Jürgen Lendeckel, sagte, es gebe keinerlei Gespräche über einen Deal zur Verfahrensverkürzung. Mit Informationen von dpa