Die einen halten sie für eine rein symbolische „Neidsteuer“, die nur wenig einbringt, aber Investoren aus dem Land vertreibt. Für die anderen stellt sie eine notwendige Maßnahme zur gerechten Umverteilung von Vermögen dar: Dass Emmanuel Macron die sogenannte Reichensteuer weitgehend abschaffen will, sorgt in Frankreich für heftige Debatten: Künftig soll sie nur noch auf Immobilienbesitz angewendet werden, aber nicht mehr auf Aktien oder Lebensversicherungen.
In der Nacht zu Freitag stimmte die Nationalversammlung, in der Macrons Partei „La République en marche“ (LREM) eine Mehrheit hat, für die Reform der Vermögenssteuer; begleitet von Protesten ihrer Gegner, die zudem weiterhin gegen die jüngst beschlossene Arbeitsmarktreform Widerstand leisten.
Sie werfen dem früheren Bankier Macron vor, ein „Geschenk für die Reichen“ durchzusetzen. „Ich mag diese Gegenüberstellung der Gesellschaft nicht“, erwiderte er auf die Kritik. Dahinter stehe der Neid auf jene, die Erfolg haben. „Doch wenn man Steine auf die obersten Teile einer Seilschaft werfe, stürzt die gesamte Seilschaft ab“, warnte der Präsident. Darüber hinaus gebe es so zahlreiche steuerliche Schlupflöcher, dass viele die Reichensteuer gar nicht bezahlten.
Bereits im Wahlkampf hatte der 39-Jährige angekündigt, die Vermögenssteuer für alle Anlageformen außer Immobilien im Wert von über 1,3 Millionen Euro abzuschaffen. Eingeführt hatte sie einst der sozialistische Präsident François Mitterand. Bislang bringt sie zwischen vier und fünf Milliarden Euro pro Jahr ein, künftig dürften es nur noch rund 850 Millionen Euro sein. Parallel dazu werden auch die Steuern auf Kapitalerträge auf eine einheitliche „Flat Tax“ von 30 Prozent sowie schrittweise die Unternehmenssteuern gesenkt, die im europäischen Vergleich relativ hoch liegen. Dies soll wohlhabende Franzosen, die ins Ausland abgewandert sind, zurückholen und Frankreich gerade vor dem Hintergrund des Brexit für Investoren attraktiver machen.
Kritiker, die überwiegend aus den Reihen der Linken kommen, ziehen wiederum eine direkte Parallele zu anderen Sparmaßnahmen der Regierung wie die Kürzung der Wohnzuschüsse für Bedürftige oder die Streichung Zehntausender staatlich subventionierter Stellen. Zu Macrons Zielen gehört es, die Defizitgrenze bereits in diesem Jahr unter die Brüsseler Marke von drei Prozent zu drücken und stetig weiter zu reduzieren. Die Regierung selbst verweist auf die Aufstockung der kleinen Renten und die Streichung der Wohnsteuer für die meisten Franzosen.
Allerdings ergab eine Studie, dass wohlhabende Haushalte insgesamt von den geplanten Maßnahmen am meisten profitieren.
Nun mischte sich sogar Ex-Präsident François Hollande ein, der seinen Nachfolger Macron bei einer Konferenz in Seoul vor einer „erleichterten Besteuerung der Reichen“ warnte. Demgegenüber erwiderte der konservative Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, wenn Hollandes Politik der permanenten Steuererhöhungen erfolgreich gewesen wäre, hätten die Franzosen ihn wiedergewählt – doch er sei gescheitert. Rund 120 linke Parlamentarier forderten die Regierung dazu auf, die Auswirkungen der Fiskalpolitik auf die 100 reichsten Franzosen zu beziffern. Diese bezahlten 126 Millionen Euro Vermögenssteuer, erklärte Le Maire. Auch einige Abgeordnete der Regierungspartei LREM äußerten sich inzwischen skeptisch zu den geplanten Steuersenkungen, denn sie fürchten um das Image einer „Partei der Reichen“.