Es war ruhig geworden um den ehemaligen Regierungschef. Aber nun steht Silvio Berlusconi plötzlich wieder im Rampenlicht. Wieder einmal haben die Schatten der Vergangenheit den 75 Jahre alten Politiker und Medienunternehmer eingeholt. Der oberste Gerichtshof in Italien hat in einem Urteil festgestellt, Berlusconi habe der sizilianischen Cosa Nostra Schutzgeld gezahlt. Das Gericht bestätigte damit eine Tatsache, die der ehemalige italienische Ministerpräsident immer geleugnet hatte.
Mit dem Urteil muss auch der politische Aufstieg Berlusconis in den 80er Jahren neu bewertet werden. Das römische Gericht bezeichnete den Vertrauten Berlusconis, Senator Marcello Dell'Utri, als „Vermittler“ zwischen Cosa Nostra und dem Mailänder Unternehmer. Es wies den Fall, in dem der Senator wegen Konspiration mit der Mafia zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde, wegen Unstimmigkeiten in der Urteilsbegründung jedoch an die Vorinstanz zurück.
Erpressungsopfer
Der Sizilianer Dell'Utri ist der Mitbegründer von „Forza Italia“, der Bewegung, der Berlusconi seinen politischen Aufstieg verdankt. Die Richter äußerten sich im Urteil gegen Dell'Utri nicht darüber, ob Cosa Nostra in Folge der Schutzgeldzahlungen Berlusconis auch dessen Partei unterstützt und damit den politischen Aufstieg des Mailänders möglich gemacht hat. Hinweise für diese Verbindung gibt es zahlreiche, gerichtlich wurden sie jedoch nie bestätigt. Der Mafia-Kronzeuge und Sohn des Mafioso und ehemaligen Bürgermeisters von Palermo, Massimo Ciancimino, hatte kürzlich behauptet, „Forza Italia“ sei aus den Verhandlungen zwischen Berlusconi, Dell'Utri und der sizilianischen Mafia hervorgegangen. Berlusconi nannte die 1994 gegründete Partei 2008 in „Volk der Freiheit“ um. In den Umfragen steht das „Volk der Freiheit“ schlecht da.
Die Richter wiesen darauf hin, dass Berlusconi als Erpressungsopfer die Mafia bezahlte. Cosa Nostra und andere Mafiaorganisationen hatten in den 70er Jahren immer wieder Familienmitglieder von Unternehmern vor allem aus Norditalien entführt. Der bekannteste Fall ist der des Milliardärsenkels John Paul Getty III, der 1973 entführt wurde. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, schnitten die Entführer ihm ein Ohr ab und schickten es an eine Zeitung. Getty kam nach Zahlung des Lösegelds fünf Monate später frei.
Zahlungen an die Cosa Nostra
Dem Gericht zufolge schützte sich Berlusconi mit Zahlungen an die Cosa Nostra und stellte 1973 als Garanten für seine und die Sicherheit seiner Familie sogar einen Mafioso in seiner Privatvilla in Arcore ein. Vittorio Mangano wurde offiziell als „Stallmeister“ bezeichnet, für den später ermordeten Staatsanwalt Paolo Borsellino handelte es sich bei Mangano um den mächtigsten Vertreter der Cosa Nostra in Norditalien. Er lebte bis 1975 bei Berlusconi, wurde später als zweifacher Mörder verurteilt und starb im Jahr 2000. Nach Manganos Abschied aus Arcore zog Berlusconi für einige Zeit in die Schweiz und nach Spanien. Dell'Utri und Berlusconi bezeichneten Manganos Verhalten ihnen gegenüber als „heroisch“. In einem Interview sagte Berlusconi: „Mangano hat sich mit uns vorbildhaft verhalten.“
Berlusconi muss sich in fünf Gerichtsprozessen unter anderem wegen Bestechung und Förderung der Prostitution verantworten.