Was schiefgehen kann, geht in Berlin auch schief: Nach dem Flughafen und der Staatsoper wird nun ein drittes prestigeträchtiges Bauprojekt in der Hauptstadt nicht pünktlich fertig – und deutlich teurer als geplant.
Brütende Fledermäuse und wertvolle Mosaiken aus der Kaiserzeit, die auf dem Sockel des geplanten Einheitsdenkmals entdeckt wurden, verzögern dessen Fertigstellung auf unbestimmte Zeit. Eigentlich hätte die riesige Schale zum 25. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November fertig sein sollen. Mittlerweile aber wäre es schon ein Wunder, wenn das Denkmal zum Jahrestag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 2015 stünde.
Aus heutiger Sicht sei das „ein ehrgeiziger Wunsch“, sagt Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU), die auch so ihre Zweifel hat, ob sie Kostenrahmen von zehn Millionen Euro noch einhalten kann. Während die Arbeiten am neuen Stadtschloss nebenan auf Hochtouren laufen, ist vom Einheitsdenkmal noch nichts zu sehen. Es soll auf dem Sockel errichtet werden, auf dem von 1897 an das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal stand, ein stolzes Reiterstandbild, das die DDR-Oberen 1950 hatten abreißen lassen.
Nistende Wasserfledermäuse
Dieser Sockel ist mittlerweile zwar saniert worden. Nachdem Denkmalschützer dort unter einer Schutzschicht aus Teer großflächige Mosaiken aus der wilhelminischen Zeit freigelegt haben, ruhen die Arbeiten. Der Bund und das Land Berlin müssen sich erst einigen, wie sie diesen unerwarteten Fund sichern und schützen wollen – und das kann dauern. Außerdem nisten in den Gewölben unter dem Sockel mehrere Dutzend Wasserfledermäuse, die nachts über der nahen Spree Mücken jagen und durch die Bauarbeiten nicht vertrieben werden sollen.
Für weitere Verzögerungen könnte auch noch ein Streit mit der Behindertenbeauftragten der Hauptstadt sorgen. Sie besteht darauf, dass die geplante Rampe für Rollstuhlfahrer wie in der Bauordnung vorgeschrieben nur eine Steigung von maximal sechs Prozent aufweisen darf. Die bislang geplante Auffahrt ist ihr mit knapp sieben Prozent zu steil . . . Mehr als sechs Jahre nach dem Beschluss des Bundestages, in Berlins historischer Mitte mit einem Denkmal an die friedliche Revolution von 1989 zu erinnern, treten die Arbeiten dort auf der Stelle.
Unter dem Motto „Bürger in Bewegung“ haben die Gewinner des Architektenwettbewerbes, das Planungsbüro Milla und die Berliner Choreografin Sasha Waltz, eine gewölbte, begehbare Schalte entworfen, die sich aus dem historischen Sockel herauszulösen scheint. Besucher, die sie betreten, können sie in Bewegung bringen – eine Hommage an die Bürgerbewegung in der DDR. Auf der Oberseite der Wanne sollen neben den Schlüsselsätzen von 1989 „Wir sind das Volk“ und „Wir sind ein Volk“ auch Zitate von Bürgerrechtlern und Demonstranten stehen.
Wegen seines gewagten Aussehens wird das geplante Denkmal von den Berlinern auch gerne „Einheitsschaukel“ oder „Einheitswippe“ genannt. Eine Sprecherin des zuständigen Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung spricht gegenüber unserer Zeitung etwas trockener von einer „anspruchsvollen technisch komplexen Konstruktion“.
Auf einen möglichen Fertigstellungstermin will die Behörde sich nicht festlegen: „Die für ein solches Vorhaben bestehenden Risiken könnten – sofern sie eintreten – zu Terminverschiebungen führen.“ Im günstigsten Fall beginnen die Arbeiten am 1. August, aber auch das ist bisher alles andere als sicher. Unter anderem müssen die Flugrouten der Fledermäuse noch erfasst werden.
Ähnliches Projekt in Leipzig
Zwei Autostunden von Berlin entfernt, in Leipzig, ist die Situation noch verworrener. Dort soll ebenfalls ein neues Denkmal an die Montagsdemonstrationen und den friedlichen Aufstand in der DDR erinnern. Kurz vor Ostern allerdings hat die Linkspartei ein Bürgerbegehren gegen das Projekt gestartet. Sie kritisiert nicht nur das künstlerische Konzept und den geplanten Standort. Die PDS-Nachfolger fürchten auch, „dass die Umbrüche auf dem Weg zur deutschen Einheit im Oktober 1990 sehr einseitig betrachtet werden könnten“.