Der verurteilte Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi malt wieder Bilder im Stile großer Avantgarde-Künstler. Einen „empfundenen Campendonk“ habe er schon für 35 000 Euro verkauft – signiert mit „Beltracchi“, sagte der 63-Jährige am Dienstagabend bei der Premiere des Dokumentarfilms „Beltracchi – Die Kunst der Fälschung“ in Köln.
Mit Fälschungen von Bildern expressionistischer Künstler wie Max Pechstein oder Heinrich Campendonk hatte Beltracchi Millionen auf dem Kunstmarkt kassiert. Derzeit verbüßt er noch eine sechsjährige Gefängnisstrafe im offenen Vollzug. Für die Filmpremiere hatte Beltracchi abendlichen Freigang bekommen. Seine ebenfalls verurteilte Ehefrau Helene Beltracchi (55) ist dagegen bereits seit längerem wieder auf freiem Fuß.
„Ich habe Anfragen aus der ganzen Welt“, sagte Beltracchi. „Die Leute kaufen Bilder von mir, egal was.“ Vor allem in den USA sei die Nachfrage nach seinen Werken und nach Ausstellungen seiner Bilder groß. Er fertige auch Skulpturen an. Auf dem deutschen Markt allerdings habe er Probleme. Das Geld aus den Bilderverkäufen fließe in die Insolvenzmasse, aus der seine Gläubiger abgefunden würden.
„Vermutungen und Fantasie“
Helene Beltracchi wies Vermutungen zurück, sie habe mit ihrem Mann Geld zur Seite geschafft. „Es ist nicht so, dass wir noch irgendwo Konten haben, das sind alles Vermutungen und Fantasie.“ Auch ihre beiden Anwesen in Südfrankreich und Freiburg seien gepfändet.
Der Dokumentarfilm über Beltracchi von Regisseur Arne Birkenstock kommt am 6. März bundesweit in die Kinos. Beltracchi hatte einen der größten Fälscherskandale auf dem Kunstmarkt ausgelöst. Nach eigenen Angaben hatte er über mehrere Jahrzehnte hinweg Hunderte Fälschungen auf den Markt gebracht. Verurteilt wurde er lediglich wegen 14 Fälschungen, für die er insgesamt knapp zehn Millionen Euro kassiert hatte. Die Fälschungen wurden mit teilweise exorbitanten Wertsteigerungen auf dem Kunstmarkt weiterverkauft.
Beltracchi sieht sich als Künstler, nicht als Kopist. „Ich habe nur Originale gemalt“, sagte er. Beltracchi hatte Werke von Künstlern gefälscht, die als verschollen galten und von denen keine Abbildungen mehr existierten. „Letztlich war es eine Erleichterung aufzufliegen und sich nicht mehr verstecken zu müssen“, sagte Beltracchi.
In dem Film von Arne Birkenstock kommt Beltracchi charmant und großspurig daher. Genüsslich rührt der verurteilte Kunstfälscher das strahlende Gelb an, trägt es dick auf. In dem Dokumentarfilm darf man Beltracchi, der seine Nächte noch im Gefängnis verbringen muss, bei der Arbeit über die Schulter sehen. Der Kunstfälscher, der den gierigen Kunstmarkt mit falschen expressionistischen „Meisterwerken“ überschwemmte und Millionen kassierte, hat die nächste Stufe seiner Medienoffensive gezündet. Nach seiner doppelbändigen Autobiografie kommt nun der Film.
Pikant ist, dass der Produzent und Regisseur Arne Birkenstock Sohn des Beltracchi-Verteidigers Reinhard Birkenstock ist. Der renommierte Filmemacher weiß, dass er deshalb besonders kritisch beäugt wird. Noch dazu wurde das Projekt mit insgesamt 425 000 Euro öffentlich gefördert – und ist in der Vorauswahl für den deutschen Filmpreis.
Einen Werbefilm über Beltracchi werde er sicher nicht drehen, hatte Arne Birkenstock von Beginn an gesagt. Dabei ist es durchaus nicht einfach, Distanz zu dem charmanten Kunstfälscher mit den langen grauen Locken zu bewahren. Dem „Jahrhundertfälscher“ flogen die Herzen der Öffentlichkeit zu, weil er dem milliardenschweren Kunstmarkt den Spiegel vorhielt.
Spannend wie ein Krimi
Der rund 100-minütige Film ist weder Verherrlichung noch Verdammung Beltracchis. Und er ist streckenweise spannend wie ein Krimi. Aber nicht Beltracchi erscheint als Bestrafter, sondern der Kunstmarkt. Birkenstock gelang es, einige der Opfer und Betrogenen vor die Kamera zu holen. Das schwerreiche Sammler-Ehepaar Ommeslaghe etwa bedauert, dass ein vermeintliches Campendonk-Bild leider auch ein echter Beltracchi war. „Jetzt hängt dort ein Magritte“, sagen die Eheleute in ihrem Haus, wo an jeder Wand große Kunst von Renoir bis Warhol strotzt. „Wir haben das Geld zurückbekommen und was anderes gekauft.“
Etwa 300 Bilder habe er seit den 70er Jahren wohl gefälscht, sagt Beltracchi. „Ich hätte 20 000 Bilder malen können.“ Noch zwei, dann hätte er einen Palazzo in Venedig gekauft und „Schluss gemacht“. Großspurigkeit ist ihm ebenso zu eigen wie die Schnodderschnauze des Althippies: „Ich bin der Meinung, dass ich eigentlich alles machen könnte“, sagt Beltracchi. „Ich könnte auch einen Leonardo malen.“