Die Bayerische Staatsregierung wird nun doch nicht vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die vom Bundestag im letzten Sommer beschlossene sogenannte „Ehe für alle“ klagen. Zwar werfe das Gesetz, das homosexuelle Paare mit heterosexuellen Paaren bei der Eheschließung gleichstellt, „komplexe rechtliche Fragen auf“, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) nach einer Sitzung des Kabinetts.
Zwei von der CSU-Regierung beauftragte Rechtsgutachter seien aber zu dem eindeutigen Schluss gekommen, dass der Bundesgesetzgeber seinen politischen Gestaltungsspielraum damit nicht überschritten habe: „Nach einer Gesamtabwägung sind die Aussichten einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht daher als gering anzusehen“, sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU).
Gründe für Verfassungsmäßigkeit
Der Augsburger Jura-Professor Ferdinand Wollenschläger und die Göttinger Juristin Dagmar Coester-Waltjen seien in ihren Gutachten juristisch überzeugend zu dem Schluss gekommen, dass es gewichtige Gründe für die Verfassungsmäßigkeit einer „Ehe für alle“ gibt, sagte Bausback. So sei etwa nach Ansicht der Rechtsexperten aufgrund des gesellschaftlichen Wandels, der sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spiegle, „die Verschiedengeschlechtlichkeit kein exklusives und damit kein prägendes Strukturmerkmal der Ehe mehr“.
Auch sei die „Homo-Ehe“ in vielen westeuropäischen Staaten sowie in Nord- und Südamerika inzwischen eingeführt worden, ohne dass dies auch nur in einem dieser Länder als verfassungswidrig bewertet worden sei. Darunter seien auch stark katholisch geprägte Länder wie etwa Portugal oder Spanien, erklärte Bausback.
Darüber hinaus hätten die Gutachter aber auch klar festgestellt, dass die Einführung der „Ehe für alle“ zu keiner „weiteren Aufweichung des Ehebegriffs“ führe: „Durch die gleichgeschlechtliche Ehe wird der Begriff der Ehe nicht beliebig“, erklärte Bausback: Diese müsse nach wie vor auf Dauer angelegt und eine Zweierbeziehung sein und dürfe vom Staat – etwa in der Steuerpolitik – auch weiterhin privilegiert werden. Viel-Ehen oder Ehen auf Zeit blieben damit in Deutschland weiter ausgeschlossen.
Rechtssicherheit erreicht
Mit diesen juristischen Klarstellungen sei die von der Staatsregierung gewünschte Rechtssicherheit nun auch ohne Klage erreicht. Ohnehin hätte sich auch eine mögliche Klage „nicht gegen gleichgeschlechtliche Lebenspartner gerichtet“, beteuerte Huber: Zwar halte die CSU-Staatsregierung politisch an ihrem Leitbild der traditionellen Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau fest: „An unserer Grundsatzposition hat sich nichts geändert.“ Gleichzeitig lehne man aber eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ausdrücklich ab und habe „große Wertschätzung“ für die darin übernommene gegenseitige Verantwortung, erklärte Huber.
Die politische Ablehnung der Homo-Ehe durch die CSU habe aber „nichts mit der verfassungsmäßigen Rechtmäßigkeit“ des umstrittenen Gesetzes zu tun: „Man kann ja ein Bild von Ehe und Familie haben, ohne damit die Rechtslage zu ändern“, erklärte Huber. Der CSU-Staatsregierung sei sich zudem der gesellschaftlichen Brisanz des Themas bewusst: „Wir nehmen die Menschen, die damit Probleme haben, sehr ernst.“