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BERLIN
Baut die Schweiz ein Endlager an der deutschen Grenze?
Atommüll       -  Spätestens 2060 soll das Endlager für hochradioaktiven Atommüll in der Schweiz seinen Betrieb aufnehmen.
Foto: Sebastian Kahnert, dpa | Spätestens 2060 soll das Endlager für hochradioaktiven Atommüll in der Schweiz seinen Betrieb aufnehmen.
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 15.03.2018 03:02 Uhr

Massive Kritik an den Plänen der Schweizer Behörden, ihr Endlager für hochradioaktiven Atommüll unmittelbar an der Grenze zu Deutschland am Hochrhein zu errichten, übt die neue Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Sylvia Kotting-Uhl von den Grünen.

In einer elfseitigen Stellungnahme an das Bundesamt für Energie in Bern, das dieser Redaktion vorliegt, moniert sie, es sei „nicht überprüfbar und nicht nachvollziehbar“, auf welcher Grundlage die Entscheidung für die drei infrage kommenden Standorte getroffen wurde, da es bislang keine umfassenden Tiefenbohrungen und untertägige Erkundungen gegeben habe. „Dieser Umstand wirft erheblichen Zweifel daran auf, dass es bei dem Verfahren wirklich darum geht, den Standort mit der bestmöglichen Sicherheit zu finden und auszuwählen.“

Drei Standorte befinden sich in der engeren Wahl

Seit November vergangenen Jahres befinden sich noch drei Standorte in der engeren Auswahl, die alle unmittelbar an der deutsch-schweizerischen Grenze zwischen Schaffhausen und Waldshut und somit nur wenige Kilometer von Südbaden entfernt liegen. Am Freitag dieser Woche endet die Frist für die Abgabe von Stellungnahmen, danach folgt die letzte Etappe des Auswahlverfahrens, die bis 2029 abgeschlossen werden soll. Spätestens 2060 soll das Endlager für hochradioaktiven Atommüll seinen Betrieb aufnehmen. Kotting-Uhl kritisiert, dass die Bevölkerung in Deutschland, obwohl unmittelbar wegen „potenzieller negativer Auswirkungen des Endlagers“ betroffen, „nur mit deutlichen Einschränkungen“ im Vergleich zu den Schweizer Bürgerinnen und Bürger am Auswahlverfahren beteiligt werde.

Vor allem aber sei die Schweiz nicht auf der Höhe der Zeit, sondern „hinkt (…) gegenüber anderen Staaten bei den Rechtsgrundlagen“ hinterher, kritisiert die Atomexpertin der Grünen. So habe sich international die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung alleine für ein Endlager, in dem der Atommüll eine Million Jahre sicher aufbewahrt werden soll, nicht ausreiche.

Auswahlverfahren leidet an Interessenkonflikt

Darum hätten dutzende Staaten bereits 2003 ein völkerrechtliches Abkommen für eine zusätzliche strategische Umweltprüfung (SUP) abgeschlossen, die dazu dient, Alternativen zu einem geplanten Vorhaben intensiv zu betrachten. „Die Schweiz gehört nicht zu den Mitgliedsstaaten des SUP-Abkommens“, so Kotting-Uhl. Somit erfülle die Schweiz nicht mehr die geltenden Mindestanforderungen, dies sei „ein signifikantes Defizit“ des Verfahrens.

Nach Ansicht der Ausschussvorsitzenden leidet das Auswahlverfahren der Schweiz an einem Interessenkonflikt, den es auch in Deutschland „mit regelmäßig negativen Auswirkungen“ gab. So seien die Betreiber der Kernkraftwerke als Verursacher der Abfälle gleichzeitig Gesellschafter der „Nationalen Genossenschaft für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle“ (Nagra), die für die Endlagersuche zuständig sei. „Ausgerechnet diejenigen, die naturgemäß ein Interesse an einer möglichst kostengünstigen Entsorgung haben, sind für ein Verfahren zuständig, bei dem es eigentlich nur nach der Sicherheit gehen darf und nicht die Kosten ausschlaggebend sein dürfen.“

Kotting-Uhl verweist in diesem Zusammenhang auf die Erfahrungen mit der Asse und dem Endlager Morsleben. Beide seien heute „Sanierungsfälle, die die Steuerzahler Milliarden kosten“. Zudem bemängelt Kotting-Uhl, dass die Schweiz bis heute keine klare und verbindliche Obergrenze für die zu entsorgende Atommüllmenge vorgelegt habe. Dabei sei unstrittig, „dass klar definierte Abfallmengen eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz eines Endlagersuchverfahrens sind“.

 
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