Es war selbst für das von politischen Spitzentreffen verwöhnte Brüssel ein außergewöhnliches Ereignis: 51 Staats- und Regierungschefs aus Europa und Asien, die 60 Prozent der Weltbevölkerung und 65 Prozent der Weltwirtschaftsleistung repräsentieren, tagten am Donnerstag und Freitag in der belgischen Metropole. „Wir sollten dieses beeindruckende Gewicht nutzen, um globale Herausforderungen wie Spannungen im Handel anzugehen, die Millionen von Jobs in Gefahr bringen“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk.
Die Außenbeauftragte der Union, Federica Mogherini, wurde noch deutlicher: „Ich glaube, dass Europa und Asien zusammen das multilaterale Handelssystem aufrechterhalten.“ Sie machte aber auch klar, dass dies nicht gegen Washington gerichtet sei. „Wir organisieren keine Treffen gegen irgendjemanden.“ Dennoch dokumentierte dieser ASEM-Gipfel (Asia-Europe Meeting) eine veränderte Realität: Im Westen wächst die Zahl der Globalisierungsgegner. Der amerikanische Präsident Donald Trump als Anführer der sogenannten freien Welt predigt Isolationismus und tritt für hohe Mauern an den Grenzen ein.
Derweil profiliert sich ausgerechnet China als Vorkämpfer von Freihandel und Globalisierung. Selten war in Brüssel so viel von Chancen und Partnerschaften für die Zukunft die Rede. „Der Gipfel zeigt, dass sich hier Länder aus Europa und Asien versammeln, die alle einen regelbasierten Welthandel wollen“, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Das ist ein wichtiges Signal“, sagte sie.
Das Schlussdokument liest sich denn auch wie eine Bibel der freien Marktwirtschaft: China, Indien, Japan und sogar Länder wie Russland oder Vietnam bekannten sich ebenso wie die EU-Mitgliedsstaaten zu einem „fairen Welthandel, zum globalen Klimaschutz, zu den Regeln der Welthandelsorganisation, zum Atomabkommen mit dem Iran und zur Schlüsselrolle der Vereinten Nationen“.
Die Kanzlerin fand in Gesprächen mit dem russischen Regierungschef Dmitri Medwedew, dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang und dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in viele Gemeinsamkeiten. Dabei ging es keineswegs um Huldigungen der asiatischen Partner. Der Protektionismus hat auch in Fernost Unterstützer. Und vor allem bei den Menschenrechten klaffen weiter eklatante Lücken. Trotzdem, so der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel, habe man über den Umgang mit Oppositionellen, Minderheiten und Dissidenten gesprochen: „Das ist so wie bei einem Ehepaar, man muss über alles reden können: gute Sachen sowie schlechte Sachen.“
Europa nutzte die Großveranstaltung jedenfalls, um neue Akzente zu setzen. Zusätzlich zu den bereits existierenden Freihandelsverträgen mit Südkorea und Japan unterschrieben die Vertreter der Union am Freitag ein Abkommen mit Singapur. Die Neuregelungen betreffen den gegenseitigen Handel mit Waren und Dienstleistungen von rund 100 Milliarden Euro pro Jahr. Nach Angaben der Kommission geht es darüber hinaus um bilaterale Investitionen von etwa 256 Milliarden Euro.