UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat zum Auftakt des Atomsicherheitsgipfels davor gewarnt, die Ukraine-Krise als Vorwand für ein Streben nach Atomwaffen zu nutzen. „Im Fall der Ukraine waren Sicherheitsgarantien eine grundlegende Bedingung für ihren Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag“, sagte Ban am Montag im niederländischen Den Haag zum Auftakt des Treffens. Diese Garantien seien durch die aktuellen Ereignisse „ernsthaft untergraben“ worden, fügte Ban im Hinblick auf den Konflikt mit Russland um die Halbinsel Krim hinzu.
Die Folgen des Konflikts sowohl für die nationale Sicherheit der Ukraine als auch für das nationale Regelwerk zur Nichtverbreitung von Atomwaffen seien tiefgreifend, sagte der UN-Generalsekretär. „Das darf aber nicht als Entschuldigung dienen, nach Atomwaffen zu streben, die Unsicherheit und Isolation nur vergrößern würden.“
Im Budapester Memorandum von 1994 hatten sich die USA, Großbritannien und Russland verpflichtet, die Unabhängigkeit und die bestehenden Grenzen der Ukraine zu garantieren. Im Gegenzug verzichtete die Ukraine auf die nach dem Zerfall der Sowjetunion im Land verbliebenen Atomwaffen und unterzeichnete den Atomwaffensperrvertrag. Im Mittelpunkt des Atomsicherheitsgipfels in Den Haag steht nach den Worten des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte die Frage: „Wie können wir Atomterrorismus vermeiden?“ Trotz Fortschritten in den vergangenen Jahren müssten die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft verstärkt werden, forderte der Gastgeber. „In diesem Moment sind weltweit fast 2000 Tonnen waffenfähiges Material im Umlauf und seine Sicherung muss unsere ständige Sorge sein.“
Bei dem zweitägigen Treffen in Den Haag kommen Vertreter von mehr als 50 Staaten sowie der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sowie der europäischen Polizeibehörde Europol zusammen. Sie beraten darüber, wie verhindert werden kann, dass Terroristen nukleares Material etwa für den Bau einer schmutzigen Bombe in die Hände fällt.
Diese Möglichkeit müsse verringert werden, indem auch der Bestand nuklearen Materials verkleinert werde, sagte Rutte. Der niederländische Regierungschef forderte zudem eine bessere Sicherung des Materials und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit.
„Schmutzige Bombe“
Wird einem herkömmlichen Sprengsatz radioaktives Material beigemischt, ist von einer „schmutzigen Bombe“ die Rede. Der konventionelle Sprengstoff soll dazu dienen, die radioaktiven Stoffe in der Umwelt zu verteilen. Westliche Staaten fürchten, dass zum Beispiel radikale Islamisten auf diese Weise Terroranschläge verüben könnten. Die verheerende Sprengkraft von Atomwaffen haben solche Bomben nicht, denn bei der Detonation kommt es nicht zu einer nuklearen Kettenreaktion. Die radiologischen Gefahren einer „schmutzigen Bombe“ würden meist überschätzt, heißt es beim Bundesamt für Strahlenschutz. Selbst größere Mengen Cäsium-137 bedeuteten keine unmittelbare Bedrohung für die Bevölkerung. Komme aber das weit gefährlichere Plutonium-239 zum Einsatz, seien Maßnahmen zum Strahlenschutz unvermeidlich. Noch gravierender wären die psychologischen Folgen. Text: dpa