David Cameron kehrt die Stuben in Westminster aus. Oder kommt er statt mit einem Besen gleich mit der Axt, um bei „weißen Männern mittleren Alters“ anzusetzen, wie der konservative „Daily Telegraph“ kommentiert? Der britische Premierminister hat jedenfalls die bislang umfassendste Kabinettsumbildung seiner Amtszeit beschlossen, und im Königreich wird in einigen Medien schon von einem „Blutbad“ gesprochen.
Cameron will zur Parlamentswahl im kommenden Jahr mit einem stark veränderten Team antreten, zwölf Männer müssen ihre bisherigen Positionen freigeben. Sogar eines der Schwergewichte im Kabinett, der britische Außenminister William Hague, ist überraschend zurückgetreten und soll vom bisherigen Verteidigungsminister Philip Hammond, abgelöst werden.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier reagierte gestern per Twitter auf den Rücktritt seines britischen Amtskollegen: „Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit und die Freundschaft“, schrieb er. Mit Hammond werden die Verhandlungen nun nicht einfacher werden. Dass der streng konservative und europaskeptische Politiker auf den Posten des Chefdiplomaten gesetzt wird, darf getrost als Zeichen an Brüssel verstanden werden. Hammond hat bereits vor einiger Zeit angekündigt, bei dem von Cameron für 2017 geplanten Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU gegen die Mitgliedschaft zu stimmen, wenn nicht Zuständigkeiten auf die nationale Ebene zurückgeholt würden.
Weiblicher, jünger, konservativer und vor allem europaskeptischer soll die Politik in seinem Kabinett werden – dieses Signal sendet Cameron aus. Er reagiert damit einerseits auf die Politverdrossenheit der Bevölkerung, die durch Skandale immer schwerer wiegt. Außerdem will er die übergelaufenen Wähler der rechtspopulistischen Unabhängigkeitspartei Ukip zurück zu den Tories holen. Die EU-Hasser unter Nigel Farage hatten bei der Europawahl im Mai sowie bei den Kommunalwahlen deutlich zugelegt.
Nun also zeigt Cameron jene Führungsstärke, die in den vergangenen Monaten vonseiten der Medien und Politiker von ihm gewünscht wurde. Auch Bildungsminister Michael Gove muss gehen. Der für seinen national orientierten neuen Lehrplan in die Schlagzeilen geratene Gove ist ein enger politischer Freund Camerons, trotzdem wird er zugunsten besserer Chancen bei der Wahl im kommenden Jahr geopfert. Gove hatte sich immer wieder mit den Lehrern auf der Insel angelegt. Auf ihn folgt Nicky Morgan, die bisherige Juniorministerin im Finanzministerium. Auch das 74-jährige Westminster-Urgestein Ken Clarke, Minister ohne bestimmten Zuständigkeitsbereich, hat seinen Rückzug bekannt gegeben.
Um auf die Kritik zu reagieren, dem Kabinett fehlten Frauen, übergibt David Cameron zudem Liz Truss das Umwelt- und Ernährungsressort, das zuvor von Owen Cameron geleitet wurde. Dieser verlässt das Kabinett.