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DEN HAAG/BRÜSSEL
Außenminister der EU kritisieren Russland scharf
reda
 |  aktualisiert: 22.07.2014 19:05 Uhr

Die ersten Opfer der Flugzeugkatastrophe in der Ostukraine sollen bereits an diesem Mittwoch in den Niederlanden eintreffen. Das kündigte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte am Dienstag in Den Haag an. Ein Hercules-Transportflugzeug steht bereits am Flughafen von Charkow in der Ukraine, wo der Zug mit den Leichen angekommen war. Nach einer ersten Untersuchung dort sollen alle Opfer in Phasen nach Eindhoven unweit der deutschen Grenze ausgeflogen und dann in den Niederlanden identifiziert werden.

Die Niederlande haben inzwischen auch die Leitung der internationalen Untersuchung zur Absturzursache von Flug MH 17 übernommen. Dies sei auf Ersuchen der ukrainischen Regierung geschehen, teilte Rutte mit. Niederländische Experten sollten nun so schnell wie möglich die Absturzstelle untersuchen. Ziel sei die „restlose Aufklärung“, sagte Rutte.

Priorität habe zunächst, die noch nicht gefundenen Leichen und das persönliche Eigentum der Opfer zu bergen. Wie viele der 298 Opfer bisher nach Charkow gebracht wurden, sei unklar. Nach unbestätigten Berichten waren die Überreste von 282 Opfern in dem Zug, der am Dienstag aus dem Katastrophengebiet in Charkow eingetroffen war.

Um die Identifizierung der Opfer zu beschleunigen, hatten sich die Niederlande für einen Transport in Phasen entscheiden. „Wir wollen das so gut wie möglich und so schnell wie möglich machen“, sagte Rutte. Wie lange die Identifizierung dauern wird, ist unklar. „Manchmal geht das schnell, aber es kann auch Wochen oder sogar Monate dauern“, sagte der Premier.

Die Leichen werden in eine Kaserne ins holländische Rading unweit von Amsterdam gebracht. Zwischen Charkow und Eindhoven wird nach Angaben des Verteidigungsministeriums eine Luftbrücke für die „Operation Bring them Home“ eingerichtet. Eingesetzt würden C-130 Hercules-Frachtflugzeuge der niederländischen Armee sowie eine australische Boeing C-17. Die Transportmaschine war bereits am Dienstagmorgen in Eindhoven gelandet. Bei dem Absturz über der Ostukraine waren 193 Niederländer und 27 Australier getötet worden.

Die Außenminister der Europäischen Union haben gestern in Brüssel zwar ihren Ton gegenüber Moskau verschärft, nicht aber die Sanktionen. Allerdings sollen bis Monatsende russische Firmen und Geldgeber der prorussischen Separatisten auf die schwarze Liste der EU gesetzt werden.

Beim ersten Spitzentreffen auf EU-Ebene seit dem Abschuss des malaysischen Passagierflugzeuges MH 17 bei Donezk gaben die Außenamtschefs Wladimir Putin eine Mitschuld am Abschuss an dem Unglück mit 298 überwiegend europäischen Toten und der angespannten Lage in der Ostukraine. Er müsse „sofort und vollumfänglich“ mit den Ermittlern kooperieren. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, Russland habe getroffene Verabredungen nicht ausreichend erfüllt, sich von den dortigen Separatisten zu distanzieren und den Transfer von Kämpfern und Waffen über die Grenze zu stoppen. Die Bereitschaft der EU, „mit allen politischen und diplomatischen Mitteln zur Entschärfung beizutragen“, bleibe bestehen. Sie müsse aber durch höheren Druck begleitet werden.

Scharfe Kritik an Moskaus Politik äußerten auch Steinmeiers schwedischer Amtskollege Carl Bildt und der neue britische Außenminister Philip Hammond, der ein „sehr klares und starkes Signal an Russland“ forderte. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte zwar ebenfalls die Situation als „nicht hinnehmbar“. Doch zunächst gehe es um weitere Anweisungen für die erst Mitte Juli beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs beschlossenen Sanktionen an die EU-Botschafter. Eine Entscheidung für die dritte und letzte Stufe mit weitgehenden Finanz- und Handelssanktionen würde in die Kompetenz der 28 Staats- und Regierungschefs fallen.

Diese hatten sich Ende März vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise auf einen Drei-Stufen-Plan geeinigt: Ging es zunächst um einen Stopp von Gesprächen über Reiseerleichterungen und eines EU-Russland-Abkommens, so folgten als zweiter Schritt Einreiseverbote und Kontosperren von einzelnen russischen Politikern und Unternehmern, die direkt zur Destabilisierung in der Ostukraine beitragen.

Noch schärfer wären massive Wirtschaftssanktionen und der Boykott ganzer Branchen, ein Waffenembargo oder das Ausfuhrverbot von Öl und Gas. Die USA haben bereits weitreichende Sanktionen beschlossen, die sich gegen die Rüstungs-, die Finanz- und die Energieindustrie richten, darunter der staatliche Ölkonzern Rosneft, das Kreditinstitut Gazprombank und der Waffenhersteller Kalaschnikow. Diese haben in Russland Turbulenzen an der Börse hervorgerufen.

Umstritten sind solche Maßnahmen bei vielen EU-Mitgliedern aber nicht nur, weil sie das Verhältnis zu Russland wohl belasten würden, sondern auch aufgrund der befürchteten Nachteile für die heimische Wirtschaft. So zählt Russland mit Exporten in Höhe von fast 40 Milliarden Euro zu Deutschlands wichtigsten Handelspartnern, rund 6000 deutsche Firmen sind dort aktiv. Experten rechnen mit einem Rückgang der deutschen Ausfuhren nach Russland um vier Milliarden Euro.

Mit Informationen von dpa

 
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