Unter dem Eindruck wachsender regionaler Turbulenzen hat am Sonntag in Kairo eine internationale Hilfskonferenz gut 2,2 Milliarden Euro für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Gazastreifens zugesagt. Der Löwenanteil des Geldes kam mit gut 1,5 Milliarden Euro von reichen arabischen Golfstaaten, allen voran Katar mit 800 Millionen plus Kuwait und die Emirate mit jeweils 160 Millionen. Saudi-Arabien hatte bereits im Vorfeld 400 Millionen Euro versprochen.
Für die Europäische Gemeinschaft sagte die scheidende EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton 450 Millionen Euro zu. Die Vereinigten Staaten stellten als größter westlicher Einzelgeber 170 Millionen Euro in Aussicht, Deutschland steuert weitere 50 Millionen Euro an speziellen Hilfen bei.
Weniger Geld als erwartet
Trotzdem blieben die auf dem eintägigen Treffen von 30 Regierungsvertretern und 20 internationalen Organisationen zugesagten Summen deutlich unter der Zielmarke von 3,2 Milliarden Euro, auf die die palästinensische Seite die Schäden an Wohngebäuden, Infrastruktur und Energieversorgung durch den 50-Tage-Krieg mit Israel beziffert hatte. Zusätzlich hatte das Flüchtlingshilfswerk UNRWA weitere 1,3 Milliarden Euro angemeldet, das größte Hilfeersuchen in der 64-jährigen Geschichte der Organisation. Beide Konfliktparteien, Hamas und Israel, waren bei der Konferenz am Nil nicht vertreten, lediglich Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, dessen Fatah im Westjordanland herrscht, war anwesend.
„Gaza bleibt ein Pulverfass“, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, „die Menschen brauchen dringend Resultate, die ihr Leben verbessern“. Er warnte, solche Konferenzen dürften nicht zum Ritual werden nach dem Motto: „Aufbauen und zerstören - und dann erwarten, dass die internationale Gemeinschaft die Rechnung bezahlt.“ Gleichzeitig kündigte der UN-Chef an, den Gazastreifen am Dienstag zu besuchen.
US-Außenminister John Kerry machte klar, ohne eine umfassende Friedenseinigung lasse sich der Kreislauf der Gewalt nicht durchbrechen. „Waffenstillstand ist kein Frieden. Wir müssen zurück an den Verhandlungstisch und den Verantwortlichen helfen, harte Entscheidungen zu fällen – Entscheidungen, die mehr sind, als nur ein Waffenstillstand“, sagte Kerry, dessen erster Verhandlungsmarathon im April gescheitert war, vor allem an der ständigen israelischen Siedlungsexpansion und der Weigerung von Tel Aviv, die vorab als Geste guten Willens vereinbarten palästinensischen Gefangenen auch tatsächlich alle freizulassen.
„Kein zurück zum Status Quo“
Außenminister Frank-Walter Steinmeier reiste am Sonntag entgegen ersten Meldungen nicht nach Kairo, sondern flog von Berlin aus direkt zum Staatsbesuch nach Saudi-Arabien. „Ein Zurück zum Status Quo darf es nicht geben. Niemand will Infrastruktur aufbauen, nur damit sie kurz darauf wieder zerstört wird“, erklärte er in Berlin.
Zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen gab es in den letzten sechs Jahren bereits drei kriegerische Auseinandersetzungen, von denen die letzte im Juli und August am verheerendsten war. Über 2200 Palästinenser starben durch israelische Bomben, 11 000 wurden verletzt, 120 000 obdachlos. Auf israelischer Seite verloren 73 Menschen ihr Leben, die meisten als Soldaten während der Bodenoffensive.