Tausende Flüchtlinge warten in dem kleinen Ort Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze darauf, dass sie weiterreisen dürfen. Doch die Grenzen sind zu. Nur wenige Hundert werden jeden Tag durchgelassen. Sie leben in Zelten, schlafen auf Kartons und dünnen Decken, haben nur wenig zu essen. Die Lage ist dramatisch. Hilfsorganisationen und Freiwillige versuchen die Menschen mit dem Notwendigsten zu versorgen. Auch die „Mobile Flüchtlingshilfe“ aus Würzburg hat sich auf den Weg nach Idomeni gemacht.
„Wir wollen dort Essenspakete verteilen und die Kleinkinder mit Babymilch und Windeln versorgen“, sagt Vera Hoxha, die die Fahrt von Würzburg aus organisiert. Das Geld dafür haben auch viele Menschen aus Unterfranken gespendet. An diesem Mittwoch sind vier Helfer nach Griechenland geflogen. Mit ihnen auf die Reise hat sich auch der Syrer Taha Mayati gemacht. Der 26-Jährige lebt in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Kitzingen, seit Oktober 2015 ist er als Flüchtling anerkannt. Er hat einen Flüchtlingspass und kann damit auch reisen. Mayati will nicht nur nach Idomeni, um seinen Landsleuten zu helfen, sondern vor allem, weil seine Frau und seine beiden Töchter seit einer Woche dort festsitzen.
Das letzte Mal gesehen hat der Syrer seine Familie am 27. Februar in der Türkei. An diesem Tag trennten sich ihre Wege. Wieder einmal. Taha Mayati stieg in Istanbul in ein Flugzeug Richtung Deutschland, seine 20-jährige Frau Sabah machte sich mit der elf Monate alten Fatima und der zweieinhalb Jahre alten Hasnaa auf den Weg nach Izmir. Schlepper brachten die junge Frau und ihre kleinen Kinder über das Meer auf die griechische Insel Lesbos, von dort ging es weiter mit der Fähre nach Athen und weiter auf der Flüchtlingsroute bis nach Idomeni.
Taha Mayati hätte seine Familie gerne mit dem Flugzeug zu sich nach Deutschland geholt, doch seine Versuche bei der deutschen Botschaft in Istanbul ein Visum für Sabah und die beiden Töchter zu bekommen, scheiterten. „Ich konnte nicht alle Dokumente aus Syrien zusammenbekommen“, erzählt er bei einem Treffen in der GU in Kitzingen. Der 26-jährige spricht noch nicht gut Deutsch, aber seine Mitbewohner übersetzten für ihn. Mayati kommt aus Aleppo. „Dort ist alles zerstört. Ich habe dort niemanden mehr“, berichtet er.
Seine Verwandten leben mittlerweile alle in der Türkei. Seine Schwiegereltern sind in Istanbul. Seine Frau und seine Kinder waren bis vor kurzem auch dort – und Mayati hat sie mehrfach besucht. Doch seine Frau wollte zu ihm nach Deutschland und als das auf legalem Weg nicht möglich war, machte sie sich mit den beiden Mädchen auf den Weg über das Meer nach Griechenland. Begleitet wurde sie von ihrem Bruder.
Jetzt hausen sie in einem Zelt in Idomeni und Taha Mayati macht sich große Sorgen. „Es ist dort sehr kalt und das Wasser kommt ins Zelt“, sagt er. „Das ist kein Ort für kleine Kinder. Sie können dort nicht bleiben.“ Er klammert sich an das kleine bisschen Hoffnung, dass seine Familie doch noch die griechisch-mazedonische Grenze passieren darf. In die Türkei zurück können sie nicht. „Syrer dürfen nicht wieder in die Türkei gehen“, sagt sein Übersetzer.
Die Helfer von der „Mobilen Flüchtlingshilfe“, die Taha Mayati mit nach Idomeni nehmen, versuchen bei der deutschen Botschaft in Athen ein Visum für seine Familie zu bekommen. Ob das klappt, ist ungewiss. Der 26-Jährige weiß, dass es sein kann, dass sie in zehn Tagen ohne seine Frau und seine Kinder zurück nach Deutschland fliegen müssen. Ob Mayati auch in diesem Fall mit den freiwilligen Helfern zurückkommt, weiß niemand. In Kitzingen könnte er sich eine Wohnung und Arbeit suchen. Er war schon beim Probearbeiten als Bodenleger in einem Betrieb. „Aber meine Familie kann nicht ohne mich leben“, sagt er. „Und ich nicht ohne sie.“