Am Morgen nach dem vereitelten Anschlag in Brüssel zieht Eric Van der Sijpt ein nüchternes Fazit: „Der Täter wollte mehr Schaden anrichten, als er es getan hat“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft in der belgischen Hauptstadt. „Zum Glück wurde niemand verletzt.“ Wie viel Glück die vielen Hundert Menschen hatten, die am Dienstagabend im Hauptbahnhof unterwegs waren, stellte sich erst heraus, als die Ermittlungen am Mittwoch offengelegt wurden.
Um 20.45 Uhr, so rekonstruierte die Staatsanwaltschaft den Ablauf, explodiert in den Gängen unterhalb des Bahnhofsgebäudes ein Koffer. Es gibt eine Stichflamme, die der 23-jährige Rémy Bonnaffé, ein Anwalt aus Gent, mit dem Mobiltelefon fotografiert. Die Verpuffung sieht harmlos aus. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiß: In dem Koffer befanden sich mehrere Gasflaschen und kiloweise Nägel. Eine Detonation hätte in den Gängen mit den niedrigen Decken viele Menschen getroffen und möglicherweise Todesopfer gefordert.
Doch ein Defekt verhindert, dass es zu dem Anschlag kommt, den der 36-jährige mutmaßliche Täter, ein Mann mit marokkanischen Wurzeln aus der Hauptstadtgemeinde Molenbeek, offenbar geplant hatte. Doch auch die Explosion reicht, um eine Panik auszulösen.
Hunderte Menschen laufen schreiend ins Freie, die schwer bewaffneten Soldaten stürmen in das Gebäude und schießen mehrfach auf den mutmaßlichen Täter. Man lässt ihn noch lange am Boden liegen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass er einen Sprengstoffgürtel trägt. Erst später wird er in ein Krankenhaus gebracht, wo er im Laufe der Nacht starb.
Seine Identität, so betont Innenminister Jan Jambon, sei bekannt, werde mit Blick auf laufende Ermittlungen aber noch zurückgehalten. „Wir behandeln das als Terroranschlag“, hatte von Van der Sijpt aber bereits am Abend erklärt. Unmittelbar nach der Tat unterbrechen die Sicherheitsbehörden alle Zugverbindungen zum Zentralbahnhof und die internationalen Linien. Erst am Morgen läuft der Zugverkehr wieder normal, bis die nächste Hiobsbotschaft eintrifft: Nach der Entdeckung eines verdächtigen Gepäckstückes lässt die Polizei den Bahnhof des Brüsseler Vorortes Namur räumen.
Der Alarm kann erst Stunden später aufgehoben werden.