zurück
WIEN
Atomgespräche werden noch einmal verlängert
Everyday life in Iran       -  Friedliche Nutzung von Atomenergie? Im Atomstreit mit dem Iran konnte noch keine Einigung erzielt werden.
Foto: Taherkenareh, dpa | Friedliche Nutzung von Atomenergie? Im Atomstreit mit dem Iran konnte noch keine Einigung erzielt werden.
Martin Gehlen
 |  aktualisiert: 07.07.2015 19:11 Uhr

Die Atomverhandlungen der internationalen Gemeinschaft mit dem Iran werden noch einmal verlängert. „Wir werden in den kommenden Tagen weiterverhandeln“, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Verhandlungsort in Wien. Eine – bereits mehrmals verlängerte – Frist für eine Einigung sollte am Dienstag um Mitternacht auslaufen. Eine neue Deadline nannte sie nicht. Der Iran verhandelt mit der 5+1-Gruppe – das sind die UN-Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland – über eine Begrenzung seines Atomprogramms.

Erster Reaktor 1967

Bereits Ende der fünfziger Jahre unterzeichnete die Führung des Irans einen Kooperationsvertrag mit den USA. 1967 bekam Persien den ersten Reaktor, die Versuchsanlage in Teheran, in der radioaktive Isotope hergestellt werden, und die bis heute in Betrieb ist. Ende der sechziger Jahre köderte Schah Reza Pahlevi mit Milliardenverträgen Firmen aus den USA, Frankreich und Deutschland, die ihm Atommeiler bauen sollten. Kernenergie zu besitzen, sei ein nationales Recht, argumentierte er. 1970 ratifizierte er den Atomwaffensperrvertrag und unterstellte seine Nation damit der Aufsicht der Atombehörde IAEA.

Vier Jahre später jedoch rutschte dem Schah eine Bemerkung heraus, die in Washington Alarm auslöste. Iran werde Atombomben haben „ohne jeden Zweifel und schneller als mancher denkt“, brüstete sich der Diktator in einem Interview. Den damaligen US-Präsidenten Gerald Ford und Jimmy Carter war klar, der Teheraner Monarch wollte über eine Wiederaufbereitungsanlage Plutonium aus abgebrannten Brennstäben extrahieren und so an eine Bombe kommen. Jahrelang verhandelten die USA mit dem Iran, um sich eine friedliche Nutzung garantieren zu lassen. Im Sommer 1978 war der Vertrag dann paraphiert. Wegen der Islamischen Revolution und dem Sturz des Schahs jedoch kam er nicht mehr zustande.

Die neue Führung um Ayatollah Ruhollah Chomeini zeigte zunächst wenig Interesse an dem Atomthema. Am Persischen Golf stand der von Deutschen begonnene, halbfertige Reaktor Bushehr. Nachdem die Anlage 1985 im irakisch-iranischen Krieg bombardiert worden war, ließ man die Ruine liegen. Erst Mitte der neunziger Jahre nahm Teheran die Konstruktion wieder auf. 2011 wurde der Reaktor an das Stromnetz angeschlossen.

Auch wenn Staatsgründer Chomeini stets versicherte, alle Massenvernichtungswaffen seien mit der islamischen Religion unvereinbar, kam es bei seinen Gefolgsleuten schon bald zu einem Sinneswandel bei der militärischen Nutzung der Atomtechnik. Auslöser war das Trauma des irakisch-iranischen Krieges. Gegen Ende des Krieges traf sich der damalige Chef der Revolutionären Garden, Mohsen Rezai, mit einem der führenden Kernphysiker des Landes. Wie sich der Experte erinnerte, sagte ihm Rezai damals, der Iran müsse sich mit allem bewaffnen, was für einen Sieg erforderlich sei – „auch eine Atombombe, wenn das nötig ist“.

Geheime Anlage

Wohin die Reise danach ging, brachten 2002 erstmals exiliranische Kreise ans Tageslicht. In Natanz war eine geheime Anlage zur Urananreicherung entstanden, neben der Plutoniumextraktion der zweite Weg, um eine Atombombe zu bauen. 2009 erfuhr die Weltöffentlichkeit von einer zweiten geheimen Anreicherungsanlage. Verfügte der Iran anfangs gerade mal über 200 Zentrifugen, sind es heute über 20 000. Inzwischen hat das Land auch das technische Knowhow, Uran bis auf zwanzig Prozent anzureichern, ein Niveau, von dem aus sich eine waffenfähige Konzentration von neunzig Prozent technisch leicht realisieren lässt.

Aber auch auf der Plutonium-Seite, dem einst vom Schah favorisierten Weg zur Atombombe, machte die Republik in den letzten Jahren große Fortschritte. Der Schwerwasserreaktor Arak ist nahezu fertig und könnte in einem Jahr in Betrieb gehen. Mit Material von DPA

Iran und Israel – von stillen Partnern zu Todfeinden

Die Beziehungen zwischen dem Iran und Israel haben sich von versteckter Zusammenarbeit zu offener Todfeindschaft entwickelt. Als eines der ersten Länder hatte der Iran den 1948 gegründeten Staat der Juden faktisch anerkannt. Unter Schah Mohammed Reza Pahlavi umfasste die Kooperation unter anderem eine versteckte Militärzusammenarbeit, die Versorgung Israels mit Öl und Hilfe bei der Auswanderung irakischer Juden.

Unter Revolutionsführer Ajatollah Khomeini begann Teheran 1979 einen Krieg der Worte. Israel wurde zum „Kleinen Satan“. Die Bekämpfung des „Krebsgeschwürs im besetzten Palästina“ wurde ein Eckpfeiler iranischer Außenpolitik.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad drohte Israel auszulöschen. Der aktuelle Präsident Hassan Ruhani schlägt gemäßigtere Töne an. Israels Misstrauen ist jedoch weiter gewaltig. Es fühlt sich durch das iranische Atomprogramm bedroht und hat mehrfach indirekt mit Luftangriffen auf Forschungseinrichtungen gedroht. Text: dpa

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Martin Gehlen
Atombomben
Atomprogramme
Federica Mogherini
Gerald Ford
Internationale Atomenergieorganisation
Jimmy Carter
Kraftwerke
Mahmud Ahmadinedschad
Plutonium
Ruhollah Chomeini
Satan
Schahs
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen