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ATHEN
Athen wagt Rückkehr an die Finanzmärkte
Wolfgang Schäuble
Foto: dpa | Wolfgang Schäuble
reda
 |  aktualisiert: 22.12.2015 14:54 Uhr

Während das griechische Finanzministerium Vorbereitungen für eine Rückkehr an den Kapitalmarkt trifft, von dem das Krisenland über vier Jahre praktisch ausgeschlossen war, mahnt der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, zur Umsicht: Griechenland müsse aufpassen, dass es seine Schuldenlast nicht durch zu hohe Kapitalkosten weiter erhöhe.

Athen will möglicherweise bereits im Lauf dieser Woche erstmals seit Beginn der Krise Anfang 2010 wieder an den Markt gehen. Im Gespräch ist eine drei- oder fünfjährige Anleihe im Volumen von 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro. Die Rendite der zehnjährigen griechischen Anleihe ist zwar seit Februar 2012 von 33 Prozent auf jetzt rund sechs Prozent gefallen. Sie liegt damit aber immer noch sehr hoch. Es sei verständlich, dass Griechenland jetzt den Markt testen wolle, sagte Regling der griechischen Sonntagszeitung „To Vima“. Die Regierung müsse sich aber überlegen, welchen Preis sie zu zahlen bereit sei. Eine neue Anleihe mit derartig hohen Renditen erhöhe die Schuldenlast des Landes deutlich, warnte der ESM-Chef.

Marktbeobachter schätzen, dass Griechenland derzeit für einen fünfjährigen Bond um die fünf Prozent Zinsen zahlen müsste. Die Bank Morgan Stanley nannte vergangene Woche als realistische Rendite 5,3 Prozent für ein fünfjähriges und 4,2 Prozent für ein dreijähriges Papier. Griechenland hat etwa 320 Milliarden Euro Staatsschulden. Mehr als 80 Prozent davon liegen bei den Euro-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Für den Schuldendienst hat Griechenland im diesjährigen Haushalt 6,15 Milliarden Euro angesetzt, was rund zwei Prozent Zinsen entspricht. Die geplante neue Anleihe dürfte zwar deutlich teurer werden. In Athener Regierungskreisen argumentiert man aber, angesichts des relativ kleinen Volumens von geplant rund zwei Milliarden Euro werde der höhere Zins den Schuldendienst nur unwesentlich verteuern. Ab 2016 werde sich Griechenland wieder voll am Kapitalmarkt refinanzieren, kündigte Finanzminister Giannis Stournaras an. Bis dahin hofft man auf weiter fallende Renditen der griechischen Papiere.

Solle Griechenland in den nächsten Jahren dennoch ein weiteres Hilfspaket benötigen, kann es nach den Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf die Solidarität der Euro-Partner setzen. „Wenn es weiteren Finanzbedarf gibt, werden wir gemeinsam mit der griechischen Regierung überlegen, wie wir das lösen“, sagte Schäuble am Sonntag der griechischen Zeitung „Kathimerini“. Aktuell bestehe dazu aber kein Entscheidungsbedarf. „Die öffentlichen Finanzen (Griechenlands) entwickeln sich besser als vorhergesehen“, lobte der Minister. Zum Umfang eines möglichen dritten Hilfspakets wollte sich Schäuble nicht festlegen. Es werde aber „viel kleiner“ sein als die bisherigen. Die EU und der IWF hatten 2010 und 2012 zwei Hilfspakete für Griechenland im Gesamtvolumen von 245,7 Milliarden Euro geschnürt.

Einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland schloss Schäuble in dem Interview mit „Kathimerini“ kategorisch aus. Der Schuldenschnitt vom Februar 2012, als die privaten Anleger auf 53 Prozent ihrer Forderungen verzichten mussten, sei ein „einmaliger Fall“ gewesen, und dabei bleibe es, unterstrich Schäuble. Das Ziel, die Schuldenquote Griechenlands von derzeit rund 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 auf 124 Prozent zu drücken, sei „realistisch“, sagte der Minister.

 
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