Es geht nur noch um Details. Das dritte Hilfspaket für Griechenland ist zum Greifen nahe. „Nach Wochen intensiver Verhandlungen wurden die technischen Gespräche vergangene Nacht in Athen abgeschlossen“, sagte Kommissionssprecherin Annika Breidthard in Brüssel. Bereits am frühen Dienstagmorgen hatte der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos den Durchbruch verkündet. 85 Milliarden Euro soll das neue Programm umfassen. Das Geld wird dringend benötigt. Denn die Zeit drängt: Am 20. August wird die nächste Rate über 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) fällig. Dass auch die politische Einigung bis dahin folgen könnte, scheint zumindest keine Utopie mehr. In Brüssel relativierte man jedoch: Viele Details müssten noch geklärt werden.
Haushaltsziele festgelegt
Die Geldgeber aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) sowie dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) kamen mit der Athener Regierung über die Haushaltsziele der kommenden Jahre überein – bisher einer der wesentlichen Streitpunkte. Neben den monatelangen Verhandlungen haben die zuletzt für Wochen geschlossenen Banken die Wirtschaft zusätzlich schwer belastet – inzwischen gehen Experten von einer Rezession von zwei bis vier Prozent aus.
Ursprünglich hatte die EU-Kommission für dieses Jahr bereits mit einem Wachstum von 2,6 Prozent gerechnet. Dementsprechend verlangten die Geldgeber zunächst einen Primärüberschuss, also ein Haushaltsplus ohne Schuldendienst von zwei Prozent. Nun einigten sich beide Seiten auf 0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das laufende Jahr, 2016 sollen es 0,5 Prozent sein. Ab 2017 hoffen die Geldgeber offenbar auf eine deutliche Erholung der Konjunktur – denn dann sollen bereits 1,75 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung als Überschuss bleiben, 2018 sogar 3,5 Prozent.
Der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) warnt jedoch vor verfrühter Euphorie: „Grundsätzlich ist diese Einigung zu begrüßen“, meint er zwar. Doch vieles sei noch zu klären. So bleiben zentrale Elemente des dritten Hilfspakets offen: Griechenland muss seinen immer noch enormen Verwaltungsapparat entschlacken. Für den Aufbau und die Struktur des ursprünglich von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geforderten Privatisierungsfonds soll die Regierung von Alexis Tsipras Vorschläge machen. Bis zu 50 Milliarden Euro erhoffen sich die Geldgeber an Einnahmen aus dem Fonds – Experten rechnen aber damit, dass allenfalls ein paar wenige Milliarden aus den Staatsunternehmen und -anteilen geschöpft werden können.
Zu sehr ist das Vertrauen in die Wirtschaft gestört, Investoren ziehen sich zurück.
Auf präzise Angaben warten die Geldgeber auch im Hinblick auf den Zeitplan für die Reformen, die Griechenland innerhalb des Hilfsprogramms umsetzen soll. Bis Oktober forderten die Geldgeber weitere Elemente der Rentenstrukturreform. Sie sieht neben der Anhebung des Renteneinstiegsalters unter anderem das Ende der Frühverrentung sowie die Streichung von Sonderbezügen vor. Außerdem sind Reformen im Arbeitsmarkt geplant: Massenentlassungen sollen erleichtert, die Regeln für Tarifverhandlungen geändert werden.
Bereits am Donnerstag könnte das griechische Parlament über das Paket abstimmen, wenn bis dahin auch die Detailfragen geklärt sind. Gleichzeitig soll die Volksvertretung weitere Reformen auf den Weg bringen – unter anderem eine Steuer für die Reedereien sowie Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und die Öffnung des Energiesektors für die Privatwirtschaft. Dass die Eurogruppe am Freitag konferiert, gilt dann als sicher. Bereits gestern Nachmittag berieten sich die Minister in einer Telefonkonferenz über die erzielte technische Einigung. Eine letzte Hürde gilt es aber dann noch zu nehmen: Einige Parlamente müssen noch zustimmen. Und dennoch: Griechenland ist so gut wie gerettet – wieder einmal.