Griechenland geht es besser. Gerade deswegen braucht es noch ein paar Monate länger die Hilfe der Euro-Partner. Vor dieser kuriosen Erkenntnis standen die Mitgliedsstaaten der Währungsunion am Montag in Brüssel. „Wir haben gute Erfolge in den letzten Jahren erzielt“, bestätigte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu Beginn des Treffens.
Noch in der Nacht zuvor hatte das Athener Parlament den Haushalt 2015 verabschiedet, es ist der erste ausgeglichene Etat seit Jahren. Tatsächlich sprechen die Zahlen offenbar zugunsten der Hellenen: Athen rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent im nächsten Jahr. Sogar ein Primärüberschuss (Einnahmen ohne Schuldendienst) von über drei Prozent ist drin. Die Arbeitslosenquote werde von derzeit 24,8 auf 22,9 Prozent zurückgehen, der Schuldenstand sinkt um über sechs Prozent auf dann 171 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung.
Sogar die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (OECD) bestätigt dem Land den größten Reformeifer in ganz Europa. Doch das Problem an diesen Zahlen ist, dass es sich um Angaben der Regierung handelt, denen die Experten der Troika von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht trauen. Sie haben eine Finanzierungslücke von 2,5 Milliarden Euro ausgemacht.
Selbst der Chef des ESM-Rettungsfonds, Klaus Regling, hat in einem Interview anerkannt, dass „die griechischen Prognosen sich in den vergangenen Jahren oft als richtig erwiesen haben“. Regling weiter: „Wir sind am Ende eines Prozesses, der dank der Reformen in Griechenland Fortschritte gebracht hat, mehr als viele in Deutschland bereit sind anzuerkennen.“
Die Troika moniert vor allem, dass noch eine Neufassung der Renten und des Mehrwertsteuersystems aussteht. Daran hängt die Überweisung der letzten 1,8 Milliarden Euro aus den beiden vorangegangenen Rettungspaketen über insgesamt 240 Milliarden. Der europäische Teil des Programms läuft am 31. Dezember aus, die Finanzspritzen des IWF enden ein Jahr später.
Um die letzte Rate überweisen zu können, müsste man sich also schnell einigen, weil eine Verlängerung des Hilfspaketes beispielsweise Sondersitzungen des Bundestages nötig machen würde. Dessen Zustimmung bezieht sich auf den vereinbarten Zeitraum. Dabei ist nicht einmal sicher, ob Athen zusätzliches Geld braucht. Es sei höchstens eine Art „Dispokredit“ nötig, bekräftigte Währungskommissar Pierre Moscovici am Montag bei den Finanzministern der Eurogruppe. „Athen sollte eine vorbeugende Kreditlinie bekommen“. Die Rede ist von zehn bis zwölf Milliarden Euro, wobei nicht einmal sicher ist, ob die Regierung das Geld braucht.
Aber so ganz ohne Schutz will man das sanierte Land auch nicht lassen. Zumal sich bereits abzeichnet, dass das Vertrauen der Anleger nicht groß genug ist, als dass sich die Regierung des Christdemokraten Antonis Samaras schon wieder selbst auf dem Kapitalmarkt bedienen kann. Das hatte er angekündigt, um die lästige Troika noch vor den nächsten Präsidentschaftswahlen loszuwerden. Er muss noch warten.