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BRÜSSEL
Athen ringt mit der Rentenreform
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 07.11.2019 22:15 Uhr

Als Klaus Regling am späten Donnerstagabend einen Ausblick über die Entwicklung in Griechenland wagte, wählte er überraschend deutliche Worte: „Die Liquiditätslage wird in den nächsten Monaten angespannter werden“, sagte der Chef des ESM-Rettungsschirms. Er drückte damit aus, was die Finanzminister der Währungsunion am Donnerstag und die EU-Kassenwarte am Freitag registrieren mussten: Ausgerechnet das wichtigste Vorhaben, zu dem sich die Athener Regierung verpflichtet hat, ist ins Stocken geraten – die Rentenreform. Um im Durchschnitt 15 Prozent will Premier Alexis Tsipras alle neuen Ruhestandsbezüge kürzen. Außerdem sollen die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für die Altersvorsorge angehoben werden. Seit Tagen protestieren die Rechtsanwälte in Griechenland gegen das Vorhaben, indem sie ihre Arbeit niederlegen. Doch das ist alles nichts gegen das, was bereits an diesem Wochenende befürchtet wird, wenn Ärzte, Apotheker Ingenieure sowie Landwirte auf die Straße gehen, die künftig statt sieben 20 Prozent ihres Einkommens abführen sollen.

Dabei wäre die eigentlich schon für Oktober zugesagte, wegen der Neuwahl aber verschobene Rentenreform so etwas wie der „Schlüssel, um zu beweisen, dass Griechenland es mit seinen Reformen ernst meint“, sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde in Brüssel.

Athen befindet sich in einer Zwickmühle. Zum einen werden in den kommenden Monaten Verbindlichkeiten von vier Milliarden Euro fällig, für die die Hellenen die nächste Rate über 5,5 Milliarden Euro aus dem dritten Hilfspaket über 86 Milliarden dringend brauchen. Das Geld fließt aber nur, wenn die Kontrolleure der sogenannten Quadriga (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, IWF und ESM) ihren lange überfälligen Prüfbericht abliefern. Sie wollen angeblich am kommenden Montag nach Athen reisen. Ob sie mit einem positiven Zwischenbericht wieder abreisen, ist offen.

Der wäre auch nötig, um einen weiteren Knoten zu lösen: die künftige Beteiligung des IWF. Der hatte sich zunächst aus dem dritten Hilfspaket herausgehalten. Mehr noch. Lagarde zufolge könnte eine Entscheidung über eine Beteiligung nun sogar erst im zweiten Quartal fallen. Immerhin räumte der griechische Finanzminister Euklid Tsakalatos jetzt in Brüssel ein, Athen habe seine Bedenken gegen eine Beteiligung des Washingtoner Fonds aufgegeben. Das ist ein kleiner Durchbruch, weil neben Deutschland auch andere Euro-Staaten den IWF dabei haben wollen. Die Bundesregierung musste dies dem Bundestag versprechen, um so die Zustimmung zum aktuellen Hilfspaket zu bekommen.

Doch der IWF zögert noch, fordert ausgerechnet die politisch nur schwer durchsetzbare Rentenreform als „Beweis für die Verbesserung der ökonomischen Bilanz“. Die sieht weiter düster aus: Athens Schuldenstand dürfte ohne Erfolge der Reformpolitik in diesem Jahr bis zu 200 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.

 
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