Die gerade erst beschlossene Rettung Griechenlands kommt schon ins Stocken. Denn abgesehen vom dritten Hilfspaket, über das erst dann verhandelt werden kann, wenn Premierminister Alexis Tsipras die ersten Reformen vom Montag heute Abend durchs Parlament gebracht hat, braucht das Land schnell frisches Geld – soll heißen: innerhalb weniger Tage. Rund zwölf Milliarden Euro sind im Gespräch, allein am kommenden Montag werden rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) fällig. „Wir sehen uns alle Instrumente und Fonds an, die wir nutzten können“, sagte der gerade erst wiedergewählte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Dienstag nach einer Sitzung aller 28 Finanzminister. „Aber alle davon scheinen Nachteile oder Unmöglichkeiten oder rechtliche Hindernisse zu haben.“
Finnlands Kassenwart Alexander Stubb sprach von „ein bis sechs Möglichkeiten“. Es sei verständlich, dass „es für einige Staaten sehr schwierig ist, frisches Geld ohne Auflagen zu vergeben.“ Das ist noch harmlos ausgedrückt, denn vor allem Länder ohne Euro wie Großbritannien, Polen, Tschechien und Schweden wehren sich ganz offen dagegen, nun für Griechenland in die Tasche zu greifen. Londons Finanzminister George Osborne sagte offen: „Die Euro-Zone muss ihre Rechnung selber zahlen.“ Damit dürfte eine der besonders viel versprechenden Lösungen blockiert sein.
In London beruft man sich nämlich auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 2010. Damals hatte Premier David Cameron in Brüssel die Zusage ausgehandelt, dass der damalige Europäische Stabilitätsmechanismus (EFSM), der nicht mit den beiden Rettungsschirmen EFSF und ESM verwechselt werden darf, keine Hilfsgelder mehr an Euro-Länder ausschüttet. Ansonsten hätten die britischen Steuerzahler nämlich Rettungsaktionen der Währungsunion mitfinanziert.
Genau diesen EFSM aber hatte die Brüsseler Kommission bereits als mögliche Notkasse ins Spiel gebracht, weil dort noch rund 11,5 Milliarden Euro ungenutzt liegen. Aber dahin scheint kein Weg zu führen. Damit bleiben nicht mehr viele Varianten: Die Gewinne, die die Europäische Zentralbank (EZB) mit griechischen Staatsanleihen gemacht hat, reichen nicht aus. Dabei wurden lediglich 3,3 Milliarden Euro erzielt. Bilaterale Kredite scheinen noch der unkomplizierteste Weg zu sein.
Bisher hat aber lediglich Frankreich seine Bereitschaft dazu erklärt, was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Dienstag zu der launigen Bemerkung veranlasste, er habe „kein Ohropax gebraucht, um den Lärm derjenigen, die sich da nach vorne drängen, auszuhalten“. Somit dürfte auch dieser Weg Athens wachsende Zahlungsausfälle nicht kompensieren können. Die erhöhten sich am gestrigen Montag bereits auf 2,5 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (rund zwei Milliarden) und die eigene Zentralbank.
Wirklich dramatisch wird es am kommenden Montag, wenn eine 3,5 Milliarden-Euro-Rate an die EZB ansteht – plus 700 Millionen an Zinsen. Muss diese entfallen, ist die EZB nach ihren Regeln gehalten, alle laufenden Nothilfen einzustellen oder zu kündigen. Damit würden die griechischen Geldinstitute, die praktisch am Tropf des ELA-Notprogramms der EZB hängen und bereits jetzt einen Rahmen von 90 Milliarden Euro ausgeschöpft haben, abstürzen. Eine Rekapitalisierung durch das dritte Hilfspaket käme zu spät.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bestätigte gestern in Brüssel, dass man nun eine Lösung über das Budget der EU suche. Möglicherweise soll Athen ein Weg geebnet werden, die streng zweckgebundenen Gelder aus dem Strukturfonds, die dem Land zustehen, zur Schuldentilgung zu nutzen – ein rechtlich höchst umstrittener Weg. Aber sehr viele andere Ideen liegen bisher nicht auf dem Tisch. Mit Informationen der Dpa