Er ist Bayerns Wirtschaftsminister, stellvertretender Ministerpräsident und seit Samstag auch noch Spitzenkandidat der FDP bei der Landtagswahl im Herbst: Martin Zeil muss derzeit viel unter einen Hut bekommen. Dennoch fand er am Sonntagabend Zeit, den Neujahrsempfang der FDP in Würzburg zu besuchen. Hier stand er dieser Zeitung für ein Gespräch zur Verfügung.
Martin Zeil: Gefallen kann mir das natürlich nicht. Aber man darf Umfragen auch nicht überschätzen, es sind und bleiben eben momentane Stimmungsmessungen. Und es hat sich ja bei früheren Wahlen immer wieder gezeigt, dass die Wahlergebnisse sich doch oft sehr stark von den Umfragewerten unterscheiden. Das liegt auch daran, dass sich die Wähler immer später entscheiden, wo sie ihr Kreuzchen machen.
Zeil: Ach, wissen Sie: Wir haben derzeit in Bayern keine Wahl. Als ich 2007 als Spitzenkandidat gestartet bin, hatten wir auch noch keine acht Prozent in den Umfragen. Daran sieht man ja, wie groß das Potenzial ist. Wir haben noch viel Zeit, den Menschen zu sagen, was wir in den vergangenen Jahren geleistet haben. Und dass in Bayern – nicht zuletzt wegen uns als Motor und im Einzelfall auch als Korrektiv in der Regierung – vieles besser und moderner geworden ist.
Zeil: Ich kenne Frau Weishäupl seit vielen Jahren und ich weiß, dass sie eine Liberale ist – ihr bisheriger Job war ja auch keine politische Funktion. Ich freue mich in der Tat sehr, dass es uns gelungen ist, eine so erfahrene und respektierte Frau für uns zu gewinnen.
Zeil: Aber sicher, wir müssen ja unserer Verantwortung gerecht werden – und das bis zum Wahltag, an dem entschieden wird, ob wir unseren Auftrag weiterführen können. Wir sind als Politiker zu allererst für die Menschen da. Daher bin ich auch – trotz Wahlkampf – täglich in Angelegenheiten der Standortsicherung unterwegs.
Zeil: In der Tat werden wir in diesem Jahr eine gewisse konjunkturelle Abkühlung haben. Aber wir starten aus einer sehr starken Position – gerade auch am Arbeitsmarkt. Aber natürlich müssen wir auf der Hut sein. Daher haben wir den Haushalt so ausgestaltet, dass wir notfalls mit zusätzlichen Initiativen eingreifen können.
Zeil: Wir übersehen da ganz sicher nichts. Und das Thema Kurzarbeit ist ja keineswegs auf den Norden beschränkt. Ich halte es für richtig, dass wir mit der Kurzarbeit ein Instrument haben, das es den Unternehmen ermöglicht, ihre Leute trotz einer Eintrübung zu halten, statt sie zu entlassen.
Zeil: Ja, aber man muss sehen, dass das sehr branchenabhängig ist. So haben wir ja – und zwar auch in Nordbayern – immer noch mittelständische Unternehmen, die händeringend Fachkräfte suchen. Wir haben da im Moment ein recht differenziertes Bild: Wenn ein Unternehmen etwa stark in Südeuropa engagiert ist, dann leidet es natürlich unter der derzeit sehr schwachen Nachfrage aus diesen Ländern.
Zeil: Nein, es zeichnet sich nicht im Entferntesten eine Dramatik ab wie vor vier Jahren, als wir bei der Jahreswende 2008/09 tief in eine weltweite Rezession geschlittert sind. Und das ist vor allem deswegen nicht der Fall, weil wir in wichtigen Märkten wie den USA einen positiven Trend sehen und in China oder Indien allenfalls eine leichte Abkühlung, aber keinen Einbruch.
Zeil: Wir haben das sehr genau im Auge. Und auch hier ergibt sich ein differenziertes Bild. So gibt es in Unterfranken etwa die Region Würzburg, für die Prognosen ja einen Bevölkerungszuwachs vorhersagen. Aber natürlich haben wir Regionen, wo Handlungsbedarf besteht.
Zeil: Das geht vom Aktionsprogramm demografischer Wandel mit Sondermitteln in Höhe von 1,3 Milliarden Euro bis hin zur Bildungspolitik. Vor allem aber wollen wir die Arbeit zu den Menschen bringen – deshalb habe ich dafür gesorgt, dass die Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung so hoch sind wie noch nie in der Geschichte des Freistaats Bayern.
Zeil: Beim Breitbandausbau haben wir die Fehler meiner Vorgänger ausgebügelt und spielen bei diesem wichtigen Zukunftsfeld nun wieder ganz vorne mit. Bei Schiene und Straße stellt sich schlicht das Finanzierungsproblem: Wir haben unseren Beitrag geleistet – aber wir brauchen vom Bund her eine bessere Unterstützung.
Zeil: Den gibt's ja – der sitzt vor Ihnen.
Zeil: Ach wissen Sie, wir haben auch im Energiebereich die wichtigsten Zuständigkeiten bei uns im Haus – das ist ja anders als im Bund, wo es eine Zersplitterung gibt. In Bayern gibt es da kein Zuständigkeitsproblem. Der Punkt ist vielmehr: Wir müssen das, was man bei der Ausgestaltung der Energiewende im Bund vergessen hat – Rahmenbedingungen schaffen für Ersatzkapazitäten, Maßnahmen gegen teure Strompreise oder eine bessere Steuerung beim Ausbau der erneuerbaren Energie – jetzt nachholen.
Martin Zeil
Seit dem 30. Oktober 2008 ist Martin Zeil (56) bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie sowie stellvertretender Ministerpräsident. Der FDP-Politiker (Mitglied bei den Liberalen seit 1974) ist studierter Jurist und arbeitete für eine Münchner Privatbank. FOTO: Müller/Text: md