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WÜRZBURG/PARIS
Anonymous erklärt Terroristen den Krieg
anonymous_paris       -  „Der Krieg hat begonnen“: Unter dem Namen Anonymous veröffentlichten Unbekannte ein Droh-Video gegen den sogenannten Islamischen Staat.
Foto: Screenshot | „Der Krieg hat begonnen“: Unter dem Namen Anonymous veröffentlichten Unbekannte ein Droh-Video gegen den sogenannten Islamischen Staat.
reda
 |  aktualisiert: 28.11.2015 03:53 Uhr

„Wir werden euch finden und wir werden nicht nachlassen. Der Krieg hat begonnen.“ Die Terror-Attentate von Paris waren gerade erst ein paar Stunden her, als bei YouTube ein Video auftauchte. Zu sehen war eine Person im schwarzen Kapuzenpulli, sie trug die Guy-Fawkes-Maske, das Erkennungszeichen des Anonymous-Kollektivs. Und sie richtete sich direkt an den sogenannten Islamischen Staat (IS). „Diese Attentate können nicht ungestraft bleiben“, lautete die deutliche Drohung.

Hacker-Vereinigung

Anonymous ist eine Hacker-Vereinigung ohne feste Strukturen, die erstmals 2008 mit Aktionen gegen Scientology hervortrat. Seitdem ist das Kollektiv immer wieder für schlagzeilenträchtige Aktionen („Operationen“) gegen Organisationen, Behörden und Firmen gut, die nicht in sein Weltbild passen.

Im Herbst 2010 etwa unterstützten Anonymous-Aktivisten die Enthüllungsplattform WikiLeaks mit Attacken gegen Webseiten von Kreditkartenunternehmen. 2011 gingen Anhänger des Kollektivs nach eigenen Angaben gegen einen Tauschring von Kinderpornos vor („Operation Darknet“). Auch Nazi-Seiten, der Ku-Klux Klan und sogar der Vatikan wurden schon zum Ziel von Cyber-Attacken im Namen der Gruppierung.

Aktuell nun hat Anonymous dem „Islamischen Staat“ den virtuellen Krieg erklärt, wieder einmal. „Wir werden die wichtigste Operation gegen euch starten, die je gegen euch geführt wurde“, hieß es in dem Video, in dem die Attentäter von Paris als Gesindel bezeichnet wurden.

Wie gefährlich die Aktivisten den Terroristen des IS tatsächlich werden können, ist aber alles andere als klar. Nicht nur für die Ermittlungsbehörden ist kaum feststellbar, wer sich an welchen Anonymous-Operationen beteiligt – und über welche Mittel und Fähigkeiten die Aktivisten dann tatsächlich verfügen. „Wie effektiv die Angriffe von Anonymous gegen den IS sind, lässt sich daher schwer einschätzen“, meinte etwa Ronald Schulze, IT-Experte beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), gegenüber dem Portal web.de.

Zumindest theoretisch wären professionelle Hacker wohl durchaus in der Lage, Netzwerke der Islamisten anzugreifen oder durch Attacken lahmzulegen. Auch der Diebstahl von Daten und die Enttarnung von Unterstützern des Islamischen Staats wären so möglich. „Anonymous hat mehrfach gezeigt, dass sie sehr wohl in der Lage sind, eine hohe Fachkompetenz zusammen mit einem genauso hohen Engagement gezielt für bestimmte Projekte zusammenzubringen und das zu erreichen, was man sich gerade vorgenommen hat – oder demjenigen zu schaden, den man sich aktuell als Feindbild auserkoren hat“, sagt der unterfränkische IT-Forensiker und Cybercrime-Experte Heiko Rittelmeier. „Insofern darf man die Drohung nicht unterschätzen.“ Die Gefahr dabei sei, dass auch Unschuldige ins Visier geraten könnten. „Ein Shitstorm, der den Falschen trifft, wäre da noch das Harmloseste, was mir so einfällt.“

Hintermänner enttarnen

Am wahrscheinlichsten ist allerdings, dass die selbst ernannten Cyberkrieger nun vor allem weiter die Social Media-Aktivitäten des Islamischen Staats ins Visier nehmen werden. Schon seit Monaten greifen Anonymous-Hacker in ihrer „Operation Ice ISIS“ Verlautbarungs-Kanäle von IS-Unterstützern an, enttarnen deren Hintermänner, bringen sie zur Schließung oder machen sie unbrauchbar. Kein Wunder: Twitter-Accounts, Facebook-Profile und Webseiten sind auch für Hacker mit überschaubaren finanziellen und technischen Mitteln „machbare“ Ziele.

Die Kommandostrukturen des Islamischen Staats werden die Anonymous-Aktivisten so zwar nicht gefährden; deren Propaganda-Maschinerie im Netz allerdings könnten sie auf diese Weise durchaus ein wenig stören.

Diese Gefahr ist dem Islamischen Staat offenbar auch bewusst. In einschlägigen Kreisen kursieren bereits Tipps, wie man Angriffe durch Anonymous zumindest erschweren könnte. Zwei der Ratschläge: möglichst oft die Nutzernamen bei Twitter ändern – und niemals fragwürdige Links anklicken.

 
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