Der kleinen Opposition im Bundestag gehen jüngste Zugeständnisse der Koalition zur Wahrung ihrer Rechte nicht weit genug. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi schloss deshalb am Dienstag in Berlin einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht nicht aus. Denn in den Koalitionsvorschlägen ist keine Möglichkeit für die Opposition zur höchstrichterlichen Überprüfung von Gesetzen enthalten.
Ein Entwurf von Union und SPD sieht eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags für die laufende Wahlperiode vor. In dem Vorschlag finden sich zahlreiche Forderungen aus einem Gesetzentwurf von Linken und Grünen. Danach soll der auf 20 Prozent der Mandate geschrumpften Opposition unter anderem die Möglichkeit zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen gegeben werden. Die üblicherweise nötige Stimmzahl von 25 Prozent erreicht sie nicht.
„Wir wollen der Opposition entgegenkommen, wo Minderheitenrechte möglicherweise nicht geltend gemacht werden können“, sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). Eine hörbare und sichtbare Opposition gehöre zu einer funktionierenden Demokratie. SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht sagte, Union und SPD seien mit dem Vorschlag so weit gegangen, dass er akzeptabel sein sollte.
Untersuchungsausschüsse
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: „Wir sind hier noch nicht zufrieden, aber es hat sich gelohnt, den Druck aufrechtzuerhalten.“ Inzwischen sei klar, dass zumindest die Geschäftsordnung des Parlaments geändert werde. Bei Untersuchungsausschüssen werde die Opposition nun auch selbst den Auftrag formulieren können.
„Womit wir nicht zufrieden sind: dass es die Normenkontrollklage nicht geben wird“, sagte sie. In solchen Verfahren wird die Rechtmäßigkeit von Gesetzesbeschlüssen vom Verfassungsgericht überprüft – in der Geschichte der Bundesrepublik brachte das mehrfach wichtige Entscheidungen. Nach einer Expertise des Bundestags kann das heute dafür nötige 25-Prozent-Quorum nicht per Parlamentsbeschluss gesenkt werden. „Wir werden dagegen was unternehmen“, kündigte Gysi an.
Die Linke betonte zudem, dass es gesetzliche Änderungen braucht – nicht nur eine geänderte Geschäftsordnung. So könne es passieren, dass ein Zeuge eines Untersuchungsausschusses klage, wenn dieser Ausschuss ungesetzlich zustande gekommen sei, so Gysi.
Linke-Fraktionsgeschäftsführerin Petra Sitte kritisierte außerdem, dass die von der Koalition vorgeschlagenen Zugeständnisse bei den Redezeiten für die Opposition in den Plenardebatten kaum spürbar seien.
Zu einzelnen Verbesserungen kann es laut Grosse-Brömer bei den weiteren Beratungen noch kommen. Auch die Vertreter von Opposition und SPD verwiesen auf die noch laufenden Gespräche. Der Unionsfraktionsgeschäftsführer sieht etwa Änderungsmöglichkeiten bei dem Plan, dass bestimmte Oppositionsrechte auf Antrag „aller Mitglieder der Fraktionen, die nicht die Bundesregierung tragen“ greifen sollen. „Es kann nicht so sein, dass eine mögliche Erkrankung eines Oppositionsabgeordneten dazu führt, dass Minderheitenrechte in Gefahr geraten.“ An diesem Donnerstag berät der Bundestag im Plenum über das Thema.