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BERLIN
Ankunft der ersten Flüchtlinge aus Syrien
Ankunft in Deutschland: Flüchtlinge aus Syrien am Mittwoch auf dem Flughafen Hannover.
Foto: dpa | Ankunft in Deutschland: Flüchtlinge aus Syrien am Mittwoch auf dem Flughafen Hannover.
Von unserem Korrespondenten Rudi Wais
 |  aktualisiert: 23.12.2015 11:58 Uhr

Kinder mit Down-Syndrom sind unter ihnen, Folteropfer und die 13-jährige Salam, die von einer Mörser-Granate schwer am Kopf verletzt wurde. Mit einem eigens gecharterten Flugzeug landeten gestern Nachmittag die ersten 107 von insgesamt 5000 syrischen Flüchtlingen in Hannover. Deutschland will so viele Betroffene in den nächsten Monaten noch aufnehmen. 750 von ihnen sollen nach Bayern kommen.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und sein niedersächsischer Kollege Boris Pistorius (SPD) empfingen sie am Flughafen und deuteten an, dass es möglicherweise nicht bei 5000 bleiben wird: „Wir werden neue Beschlüsse fassen müssen“, sagte Friedrich, „wenn der Druck wächst“.

Die Maschine mit den 107 von den Vereinten Nationen als besonders schutzbedürftig ausgewählten Syrern hatte in Beirut noch gar nicht abgehoben, als sich in Berlin bereits eine heftige Debatte über die Aufnahme weiterer Flüchtlinge zu entwickeln begann. Während die Bundesregierung hier vor allem die anderen EU-Länder in der Pflicht sieht und auf die 18 000 Asylbewerber aus Syrien verweist, die sich seit 2011 schon nach Deutschland durchgeschlagen haben, geht der Opposition und Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl das deutsche Engagement nicht weit genug.

Die Aufnahme von 5000 Menschen in Not sei gemessen am Ausmaß der Katastrophe in Syrien „wenig mehr als eine Geste“, klagt der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt. „Als größtes Land der Europäischen Union sind wir verpflichtet, die meisten Flüchtlinge aufzunehmen“, sekundiert der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin. Wenn Syrer, die bereits in der Bundesrepublik lebten, Verwandte nachholen dürften, „könnten schon einmal 50 000 kommen.“

Während der blutigen Konflikte in Bosnien und im Kosovo hatte Deutschland in den neunziger Jahren weit über 300 000 Flüchtlinge aufgenommen – eine Zahl, an der Aktivisten wie Burkhardt oder Franziska Vilmar von Amnesty International die Bundesregierung jetzt messen. „Es kann nicht sein“, sagt sie, „dass ein kleines Land wie der Libanon mit 4,3 Millionen Einwohnern allein für 700 000 Flüchtlinge zuständig ist“.

Insgesamt sind nach Angaben der UNO im Moment mehr als sechs Millionen Syrer auf der Flucht – gut vier Millionen innerhalb des Landes, zwei Millionen in Jordanien, im Libanon, in der Türkei und in Ägypten, wo es angesichts der hohen Zahl an Flüchtlingen zunehmend Spannungen gibt. Die meisten Bundesländer sind deshalb bereit, auch über das bisher vereinbarte Kontingent hinaus Syrer aufzunehmen – vorausgesetzt, sie haben Verwandte in Deutschland, die für sie aufkommen.

Für die Kommunen ist die Aufnahme nicht nur ein logistischer, sondern auch ein finanzieller Kraftakt. Sie müssen Unterkünfte zur Verfügung stellen, Kinder in Schulen unterbringen und mit Geld- oder Sachleistungen den Lebensunterhalt der Flüchtlinge finanzieren.

Er freue sich ja sehr, sagt Städtetagspräsident Ulrich Maly (SPD) deshalb etwas sarkastisch in einem Interview mit dem Deutschlandradio, wenn der Innenminister die ersten Flüchtlinge sogar persönlich begrüße. Aber dass die Kommunen am Ende auf allen Kosten sitzen bleiben sollen: „Das ist eine Arbeitsteilung, die nicht in Ordnung ist.“ Der Nürnberger Oberbürgermeister fordert eine finanzielle Beteiligung des Bundes und der Länder.

Die 5000 Syrer, die jetzt nach Deutschland kommen, erhalten zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Sollte der Bürgerkrieg in ihrem Heimatland dann immer noch nicht zu Ende sein, kann sie entsprechend verlängert werden. Nach ihrer Ankunft in Hannover wurden die ersten Flüchtlinge gestern in das Durchgangslager Friedland bei Göttingen gebracht, wo ihnen in den kommenden beiden Wochen erste Kenntnisse über Land, Leute und die deutsche Sprache vermittelt werden sollen. Anschließend werden sie nach einer festen Quote, dem sogenannten Königssteiner Schlüssel, auf die Bundesländer verteilt.

 
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