In der Syrienkrise verschärfen die regionalen Konfliktparteien den Ton. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte dem US-Sender NBC, die von den USA gezogene rote Linie zum Einsatz von Chemiewaffen sei von Syriens Regime längst überschritten. Er forderte Washington zum Handeln auf. Die libanesische Schiitenpartei Hisbollah kündigte derweil eine deutliche Aufrüstung an – und provozierte damit Israel.
Flüchtlinge werden untersucht
„Es ist klar, dass das Regime (von Präsident Baschar al-Assad) chemische Waffen und Raketen eingesetzt hat“, sagte Erdogan. Er verwies auf Teile von Raketen, die man gefunden habe und die auf eine Bestückung mit Kampfstoffen schließen ließen. Außerdem seien bei verletzten syrischen Flüchtlingen entsprechende Symptome festgestellt worden. Einzelheiten oder Zeitpunkt des angeblichen Einsatzes nannte er nicht. Ankara unterstützt in dem Konflikt die syrische Opposition.
Die türkische Regierung schickte nun Experten an die syrische Grenze, die dort Flüchtlinge auf mögliche Verletzungen durch chemische und biologische Waffen untersuchen sollen. Das Team sei am Grenzübergang Cilvegözü (Provinz Hatay) stationiert und nehme dort auch Blutproben, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Ende April hatten besonders ausgerüstete Ärzte dort bereits Flüchtlinge wegen des Verdachts auf Vergiftung durch Chemiewaffen behandelt. Türkische Medien hatten berichtet, der Verdacht habe sich jedoch nicht bestätigt.
US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatz von chemischen Waffen durch die syrische Regierung als rote Linie bezeichnet und dem Assad-Regime mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Erdogan forderte die US-Regierung auf, in dem Konflikt „mehr Verantwortung zu übernehmen und weitere Schritte zu unternehmen“. Darüber wolle er mit Obama bei einem Treffen in der kommenden Woche beraten.
Carla Del Ponte, Mitglied der UN-Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen in Syrien, hatte gesagt, es gebe Hinweise, dass syrische Rebellen das Giftgas Sarin eingesetzt haben. Die Ermittlungen seien nicht abgeschlossen. Washington reagierte mit großer Skepsis auf die Erklärung. Die UN-Kommission relativierte die Aussagen und erklärte, es gebe „keine beweiskräftigen Ermittlungsergebnisse für einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien durch irgendeine der an dem Konflikt beteiligten Parteien“.
Hisbollah will Waffen
Die libanesische Hisbollah machte derweil Israel wegen der jüngsten Luftschläge in Syrien eine Kampfansage. Der Generalsekretär der radikal-islamischen Bewegung, Hassan Nasrallah, sagte bei einer Fernsehansprache, seine Organisation sei bereit für Waffenlieferungen aus Syrien, die die militärische Balance im Nahen Osten verändern würden. Israel hatte zuvor Lieferungen von Chemiewaffen sowie von hochmodernem Militärgerät an die Hisbollah als „rote Linie“ bezeichnet, die die Armee zum Eingreifen zwingen würde.
Am vergangenen Wochenende war in Syrien ein Waffentransport an die Hisbollah bombardiert worden, die dem Assad-Regime nahesteht. Mit dem Luftschlag habe Israel die Lieferung hochmoderner Raketen an den Erzfeind im Libanon verhindern wollen, hieß es.