Die riesige Rauchsäule über dem Mittelmeer war noch auf Mallorca gut sichtbar. Rund 30 Kilometer vor der Westküste der Ferieninsel brannte seit Dienstagmittag die große Personenfähre „Sorrento“, die auf dem Weg von der Inselhauptstadt Palma de Mallorca nach Valencia an der Mittelmeerküste war. Die 156 Passagiere und Besatzungsmitglieder waren am Dienstnachmittag gerettet worden, aber der schwere Brand konnte erst 24 Stunden später unter Kontrolle gebracht werden.
Die Bergungskräfte versuchten am Mittwoch, einen Untergang der 2003 gebauten Riesenfähre abzuwenden, die für nahezu 1000 Passagiere ausgelegt war. Wenn die Stabilisierung der Fähre gelingt, soll sie demnächst in einen Hafen geschleppt werden.
Ein Sinken des Schiffes könnte hingegen eine Umweltkatastrophe vor Mallorcas Traumküste auslösen, da die Fähre rund 750 Tonnen Treibstoff gebunkert hatte, welcher dann auslaufen und die nahen Strände gefährden könnte. Erst vor zwei Wochen war vor den Kanarischen Inseln ein brennender Fischtrawler untergegangen und hatte eine Ölpest im kanarischen Seegebiet verursacht. Nach diesem Fiasko vor den Kanaren versprach Spaniens für die Seefahrt zuständige Ministerin Ana Pastor alles zu tun, um vor Mallorca „jegliches Umweltrisiko zu vermeiden“.
Flammen und Explosionen
Die 186 Meter lange „Sorrento“ der spanischen Reederei Transmediterranea hatte am Dienstagmittag gerade erst den Hafen Palmas verlassen, als die Besatzung einen Brand auf dem Fahrzeugdeck feststellte. Die Matrosen versuchten zunächst, selbst das Feuer zu löschen. Als dies nicht gelang und sich die Flammen ausbreiteten, wurde Alarm ausgelöst. Die Passagiere wurden zu den Rettungsbooten beordert, mehrere Seenotkreuzer, Hubschrauber und etliche Passagierfähren, die in der Nähe unterwegs waren, eilten zum Unglücksort.
Die Bergung der Passagiere, unter denen sich auch mehrere Deutsche befanden, ging nach Augenzeugenberichten unter haarsträubenden Bedingungen vonstatten. Mehrere Stahlseile, an denen die Rettungsboote zu Wasser gelassen wurden, klemmten offenbar zunächst. Zu dieser Zeit schlugen bereits Flammen aus Bordfenstern, starker Rauch machte das Atmen schwer, man hörte Explosionen aus dem Bordinneren. „Die Menschen begannen zu schreien“, berichtete ein spanischer Lastwagenfahrer später. Erst nach mehreren Versuchen habe man die Boote, in denen bereits Passagiere saßen, auf dem Meer absetzen können.
Die Schiffbrüchigen wurden von einem anderen Fährschiff aufgenommen und in den Hafen Palmas gebracht, wo sie vom Roten Kreuz und von Psychologen versorgt wurden. Verletzte gab es glücklicherweise nicht, nur drei Besatzungsmitglieder mussten vorübergehend mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden.
Die Unglücksstelle befindet sich auf der Höhe der Mallorca vorgelagerten Insel Dragonera, deren Name sich mit „Dracheninsel“ übersetzen lässt. Das Mini-Eiland ist ein unbewohntes, aber berühmtes Naturschutzgebiet, in dem zum Beispiel Fischadler heimisch sind und vor dessen Küste ökologisch wertvolle Seegraswiesen wachsen. Auslaufender Schiffstreibstoff könnte nicht nur dieses einzigartige Naturparadies gefährden, sondern auch Mallorcas schöne Sandstrände und Badebuchten bedrohen.
Erinnerung an ähnliches Unglück
Vor vier Monaten, am 28. Dezember 2014, hatte sich zwischen Griechenland und Italien ein ähnliches Unglück ereignet: Damals war das bauähnliche Fährschiff „Norman Atlantik“ vor der griechischen Küste in Brand geraten. Mindestens elf der fast 500 Passagiere und Besatzungsmitglieder starben damals.