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DUBLIN
Amnesty kämpft für Legalisierung der Prostitution
reda
 |  aktualisiert: 12.08.2015 19:31 Uhr

In einer hoch umstrittenen Grundsatzentscheidung hat sich Amnesty International zu einem weltweiten Kampf für die Legalisierung der Prostitution entschlossen. Die Menschenrechtsorganisation will damit die Rechte von Prostituierten schützen.

Sie setzt sich außerdem für eine Entkriminalisierung von Zuhältern und Bordellbetreibern ein. Besonders für den geforderten Schutz für diejenigen, die Prostitution organisieren, erntete Amnesty am Mittwoch heftige Kritik von anderen Menschenrechtsaktivisten.

Nach Angaben von Amnesty stimmte bei dem Treffen des Internationalen Rates der Organisation in Dublin am Dienstag eine Mehrheit der rund 400 Delegierten aus 70 Ländern für die Position. Amnesty hatte sich zuvor zwei Jahre lang mit Forschungsmaterial von UN-Behörden, Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsanwälten zu dem Thema beschäftigt.

Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty sprach von einem „historischen Tag“. Prostituierte seien „eine der am meisten marginalisierten Gruppen der Welt“, die sich vielfach einem „ständigen Risiko der Diskriminierung, Gewalt und des Missbrauchs“ ausgesetzt sehen, sagte Shetty nach dem Votum. Die Entscheidung, für eine Legalisierung der Prostitution einzutreten, sei weder leichtfertig noch übereilt gefallen.

Die Organisation bekräftigte, es gehe bei der Entscheidung um „einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen“. Solange dies kriminalisiert sei, steige die Gefahr von Rechtsverletzungen. Amnesty werde sich zudem weiterhin gegen Zwangsarbeit und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung einsetzen. Kritiker werfen Amnesty dennoch vor, mit der Grundsatzentscheidung massiv an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Außerdem verkenne die Organisation die Ursachen für Prostitution – Armut, Gewalt und Zwang.

Schon vor der Abstimmung in Dublin hatte das Bündnis Koalition gegen Frauenhandel (CATW) in einem offenen Brief gewarnt, der Name von Amnesty International werde „ernstlich beschmutzt“, wenn sich die Organisation für eine Legalisierung der Prostitution einsetze. Zu den Unterzeichnern gehörten Frauenrechtsgruppen, Ärzte und Prominente wie die Schauspielerinnen Meryl Streep, Kate Winslet und Emma Thompson.

Die Rechtsorganisation Equality Now erklärte, Menschenhandel werde von kommerzieller Nachfrage gesteuert. Deshalb dürften nicht diejenigen beschützt werden, „die die Nachfrage fördern“.

Auch die Organisation Solwodi, die sich um Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel kümmert, kritisierte, Amnesty stelle sich „auf die Seite von Zuhältern und Menschenhändlern“. Deren Gründerin Lea Ackermann sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Donnerstag, Amnesty richte einen „unermesslichen“ Schaden an. Es werde nicht danach gefragt, was Prostitution für die Betroffenen bedeute.

Ähnlich äußerte sich die Frauenaktivistin Alice Schwarzer. Sie sagte dem Sender n-tv, die Entscheidung Amnestys sei „der nackte Hohn“. Die Organisation kämpfe damit vor allem für diejenigen, die Prostitution organisieren, für die „Rechte von Frauenhändlern, Zuhältern und Bordellbetreibern“.

Rechtslage in Deutschland

Mit dem Prostitutionsgesetz wollte die Bundesregierung 2002 die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern. Davor galt käuflicher Sex als sittenwidrig. Seither können Prostituierte ihren Lohn gerichtlich einklagen und in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden. Grundsätzlich zulässig war Prostitution in Deutschland schon vorher. Mit Einführung des Gesetzes wurde Deutschland zu einem der liberalsten Länder weltweit. Landesregierungen und Kommunen kön- nen Prostitution durch Sperrbezirksverordnungen verbieten. Text: DPA

 
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