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Berlin
Altmaier schweigt zu französischem Pannen-AKW
Frankreich will die Laufzeit eines störanfälligen Kernkraftwerks an der Mosel verlängern. Deutschland könnte Bedenken anmelden, doch die Frist droht abzulaufen
Das französischen Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze
Foto: Archivepa Karaba | Das französischen Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze
Christian Grimm
Christian Grimm
 |  aktualisiert: 08.02.2020 02:12 Uhr

Pannenmeiler wird das französische Atomkraftwerk Cattenom genannt. Es steht nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt in Lothringen. Im Jahr 2018 wurden über 40 Störfälle gemeldet. Eigentlich sollte Cattenom nach 40 Dienstjahren im Jahr 2026 vom Netz gehen. Doch in der jüngsten Energieplanung der französischen Regierung findet sich der Meiler nicht auf der Abschaltliste. Cattenom soll in die Verlängerung gehen und die Bundesregierung schweigt dazu. „Die französischen AKW-Pläne müssen Herrn Altmaier endlich aus dem Tiefschlaf reißen“, sagte die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl unserer Redaktion. Südwestdeutschland bekomme die Laufzeitverlängerung aller Blöcke von Cattenom „bis mindestens 2035 aufgedrückt“, kritisierte sie.

Austausch auf Fachebene

Kotting-Uhl hat Bundeswirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier (CDU) per Brief aufgefordert, endlich aktiv zu werden. Bis zum 19. Februar läuft noch die Frist, in der Berlin offiziell Stellung zur Atompolitik des Nachbarlandes und wichtigsten Partners beziehen kann. „Wir stimmen derzeit noch ab, ob es eine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung geben wird“, erklärte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage. Unabhängig davon bestehe ein regelmäßiger Austausch auf Fachebene zwischen beiden Ländern.

Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD festgeschrieben, sich angesichts der alternden Kernkraftwerke in Europa für „umfassende Sicherheitsüberprüfungen“ und „verbindliche Sicherheitsziele“ einzusetzen.

Energiemix

Frankreich wollte eigentlich den Anteil von Atomstrom bis 2025 zu Gunsten von erneuerbaren Energien auf 50 Prozent senken. Doch unter Präsident Emmanuel Macron wurde dieses Ziel um zehn Jahre nach hinten verschoben. In der europäischen Union entscheidet jedes Land allein über seinen Energiemix. Die Angst in Deutschland vor dem Super-Gau hat in Paris in den vergangenen Jahrzehnten nicht dazu geführt, die eigene Energiepolitik zu überdenken.

Während hierzulande im Jahr 2022 die letzten AKWs abgeschaltet werden, wird in Frankreich sogar der Bau neuer Reaktoren erwogen. Parallel dazu hat Deutschland nun auch den Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Braun- und Steinkohle beschlossen. Das Kabinett nickte am Mittwoch Altmaiers Gesetzentwurf ab, der nun im Bundestag beraten wird. Im Jahr 2038 sollen spätestens alle Braun- und Steinkohlekraftwerke stillgelegt werden. „Es ist ein Durchbruch für deutlich mehr Klimaschutz in Deutschland“, sagte der Wirtschaftsminister am Mittwoch in Berlin.

Höhere Strompreise?

Kritik an Altamiers Konzept hagelte es von allen Seiten. Umwelt- und Klimaschützer beklagen, dass vor allem die Braunkohlekraftwerke zu spät abgeklemmt wird, die besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft blasen und deren Betreiber mit knapp 4,5 Milliarden Euro an Entschädigungen bekommen. Die Wirtschaft warnt vor noch höheren Strompreisen, für die es zu wenig Ausgleich gebe. Die Stadtwerke sind unzufrieden, weil sie für ihre Steinkohlekraftwerke deutlich weniger Geld bekommen, wenn diese vorzeitig außer Betrieb genommen werden. Genau so sieht es der große Energieversorger ENBW.

Ab 2026 ist vorgesehen, dass es keine Kompensation mehr geben soll. In vielen Großstädten werden tausende Haushalte mit Fernwärme versorgt, für die Steinkohle verfeuert wird. „Der Kabinettsbeschluss stellt vor allem diejenigen Stadtwerke, die heute ihre Kommunen mit Steinkohle beheizen, vor enorme Herausforderungen“, monierte der Verband der kommunalen Unternehmen.

Unterstützt wurde Altmaier von Finanzminister Olaf Scholz und Umweltministerin Svenja Schulze (beide SPD). „Lange Zeit galt der Kohleausstieg politisch als undenkbar – nun haben wir ein Gesetz“, freute sich die Ministerin. Die Stilllegung von Kohlekraftwerken soll ein Drittel zu den CO2-Einsparungen beitragen, zu denen sich die Bundesrepublik verpflichtet hat.

 
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