zurück
LONDON
Als die Prinzessin zur Queen wurde
byl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:23 Uhr

Als König George VI. in der Nacht auf den 6. Februar 1952 stirbt, urlaubt Elizabeth gerade mit ihrem Mann Philip in Kenia. Deshalb ist sie auch eine der letzten, die vom Tod ihres Vaters erfährt. Von einem Moment auf den anderen ist sie Königin. An diesem Montag jährt sich dieser Tag zum 65. Mal. Doch es wird, anders als zu ihren Krönungsjubiläen, keine Feier geben.

Am Tag, der Elizabeths Leben für immer verändern soll, wacht sie im Morgengrauen in einem Baumhaus-Hotel am Fuße des Mount Kenia auf. Die 25-jährige Prinzessin und ihr Mann Philip beobachten voller Faszination, wie sich nur wenige Meter entfernt zwei Nashörner um das Wasserloch zanken. Zuvor haben die beiden bereits eine Herde Elefanten gesehen, Paviane, Warzenschweine und Antilopen. Kurz nach dem Frühstück aus Rührei mit Speck, es ist gegen 10 Uhr morgens am Mittwoch, dem 6. Februar, verabschiedet sich das Paar. Die Naturliebhaberin und Hobbyfilmerin Lilibet, wie sie nur genannt wird, ist so glücklich über das besondere Erlebnis, dass sie den Angestellten des „Treetops“ verspricht: „Ich komme wieder.“

Keine Zeit für Trauer

In Großbritannien ist zu diesem Zeitpunkt Premierminister Winston Churchill bereits unterrichtet: König George VI. ist tot. Elizabeth wurde über Nacht Königin. Keiner weiß den genauen Zeitpunkt, wann ihr Vater auf Schloss Sandringham im Schlaf verstarb. Der Kettenraucher litt an Lungenkrebs, nur fünf Monate zuvor war ihm bereits der linke Lungenflügel entfernt worden. Doch Elizabeth weilt abgeschnitten von der Zivilisation. Sie und Philip wurden nur eine Woche zuvor vom König am Flughafen Heathrow verabschiedet. Schon da, als er winkend in der bitteren Kälte stand, wirkte er schwach und müde.

Eigentlich hätte der 57-Jährige die mehrmonatige Reise in die Staaten des Commonwealth selbst unternehmen sollen, doch er schickte aufgrund seines Gesundheitszustands die älteste Tochter. Kenia sollte ein Kurzurlaub vor dem Pflicht-Trip durch Australien, Neuseeland und andere Länder sein.

Als das Paar an jenem Tag von der Safari in die Lodge zurückkehrt, hat der Buckingham-Palast bereits eine verschlüsselte Nachricht an den britischen Gouverneur in Nairobi geschickt. Doch weil dieser verreist ist, kann niemand die Botschaft entschlüsseln. Und so passiert es, dass Elizabeth als eine der letzten Personen vom Tod ihres Vaters erfährt.

Denn erst als ein kenianischer Journalist ihren Sekretär informiert und der wiederum die Nachricht an Philip weitergibt, nimmt dieser seine Frau an den Arm zu einem langen Spaziergang im Garten. Als sie zurückkommen, zeigt die Königin keinerlei Emotionen, wie Zeugen sich später erinnern, sondern kümmert sich sofort um die Formalitäten, schreibt Briefe und wählt ihren Rufnamen Elizabeth, mit dem sie fortan als Monarchin angesprochen werden sollte. Für Trauer um ihren geliebten Vater ist keine Zeit. Am Abend macht sich die Entourage auf die Heimreise, ohne den üblichen Pomp steigt Elizabeth II. in den Flieger Richtung Heimat. Der Kapitän überreicht ihr noch ein bewegendes Telegramm ihrer Mutter, das bereits den Ernst ihrer anstehenden Aufgaben betont. „An: Ihre Majestät die Königin. All meine Gedanken und Gebete sind bei Dir.

Mummie. Buckingham Palace.“ Aber erst in der Luft lässt die 25-Jährige kurz ihre Maske fallen. Sie geht zur Toilette und als sie wieder auf ihrem Sitz Platz nimmt, ist für alle Anwesenden klar: Die Königin hat geweint.

Zurück in London wird das junge Staatsoberhaupt am Rollfeld von Churchill, dem Kabinett und einem trauernden Volk erwartet. Laut der mitreisenden Cousine von Prinz Philip, Lady Pamela Mountbatten, sagt die Queen, als sie die großen schwarzen Palast-Karossen sieht, die sie abholen sollen: „Oh, sie haben die Leichenwagen geschickt.“

Großes Pflichtbewusstsein

Dabei galt es noch bei ihrer Geburt als äußerst unwahrscheinlich, dass Elizabeth jemals Königin werden würde. Nach ihrem Vater und dessen Bruder stand sie lediglich an dritter Stelle in der Thronfolge. Doch dann dankte am 11. Dezember 1936 ihr Onkel, König Edward VIII., nach nur einem Jahr Herrschaftszeit ab, um die bereits zweimal geschiedene US-Amerikanerin Wallis Simpson heiraten zu können. Plötzlich war mit Elizabeths Vater Albert jener schüchterne Mann König, der doch eigentlich gar kein König hatte sein sollen. George VI., wie er sich als Monarch nannte, bezeichnete den 11. Dezember in seinem Tagebuch als „diesen schrecklichen Tag“.

Von Elizabeth II. hat man bislang keine solchen Kommentare vernommen. Die 90-Jährige erfüllt seit mehr als sechs Jahrzehnten ihren Dienst mit großem Pflichtbewusstsein, wofür sie von ihren Fans sowohl auf der Insel als auch weltweit bewundert wird. An diesem Montag jährt sich der Tag ihrer Inthronisierung zum 65. Mal. Sie ist damit die erste Monarchin in der britischen Geschichte, die auf eine solch lange Herrschaftszeit zurückblicken kann.

Zu feiern ist ihr an diesem Tag jedoch nicht zu Mute, sie zieht sich in der Regel zurück und verweist auf den traurigen Hintergrund: Es ist der Todestag ihres Vaters.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Commonwealth of Nations
England
Heathrow
Herzog von Edinburgh Philip Mountbatten
Leichenwagen
Monarchen
Prinzessinnen
Trauer
Winston Churchill
englische Queen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen