Islamisten haben seit Beginn des Krieges in Gaza mehr als 2500 Raketen auf Israel abgeschossen. Aber keines der Geschosse richtete dabei so viel Schaden an wie die Rakete, die am Dienstag Israels fast hermetische Raketenabwehr durchdrang, die Stadt Yehud traf und dort zwei Wohnhäuser schwer beschädigte.
Zwar kam bei dem Angriff niemand ums Leben. Doch der Zwischenfall, der sich nur 1,6 Kilometer vom internationalen Flughafen entfernt ereignete, löste eine völlig unerwartete Kettenreaktion aus: Zum ersten Mal seit dem ersten Golfkrieg 1991 annullierten rund 80 ausländische Airlines ihre Flüge nach Israel, darunter auch alle Dependancen der Lufthansa. „Wir wollen erst einmal verstehen, ob der Flughafen sicher ist, warum die Raketenabwehr nicht funktionierte“, sagte ein Sprecher einer Fluglinie, der anonym bleiben wollte, unserer Zeitung. Noch sei unklar, wann die Flüge wieder aufgenommen würden. Andere Sprecher sagten in israelischen Medien, dass die Versicherungsprämien derart teuer geworden seien, dass die Flüge nach Tel Aviv zu einem Verlustgeschäft geworden seien. Man habe sie deshalb aus Kostengründen eingestellt.
Rund 22 000 Menschen saßen am Mittwoch im In- und Ausland fest. Nachdem die Hamas zuerst bekannt gab, dass es ihr gelang, sich eines israelischen Soldaten zu bemächtigen – noch ist unklar ob dieser lebt oder ob es sich um eine Leiche handelt – ist dies der weitaus folgenschwerste Schlag für Israels Regierung.
Denn kaum ein Ort besitzt für die säkulare Bevölkerung im Land einen größeren Symbolwert als der Ben Gurion Flughafen, den hier jeder nur nach seinem hebräischen Akronym „Natbag“ nennt. Für die Bewohner dieses Staats, der an drei Seiten an feindliche arabische Staaten und an der vierten ans Mittelmeer grenzt, gilt Natbag als Tor zur Welt, als Endpunkt der Nabelschnur, die sie mit der verbündeten westlichen Welt verbindet. Dass es der Hamas gelang, ausgerechnet diesen Flughafen zu schließen, werteten viele Israelis deswegen als klaren Erfolg der Islamisten. Und der für Israel völlig überraschende Beschluss europäischer und amerikanischer Fluglinien verstärkte im Land das Gefühl, im Kampf gegen Extremisten letztlich völlig allein dazustehen.
Der Schaden ist jedoch weit mehr als psychologisch. Für den Flughafen, der mehr als 40 Prozent seines Umsatzes in den Sommermonaten macht, ist es ein schwerer wirtschaftlicher Rückschlag. In der Tourismusbranche spricht man von „der schlimmsten Krise seit der Zweiten Intifada“. In Tel Aviv, wo es vor wenigen Wochen noch schwer war, eine Übernachtung zu buchen, meldeten Hotels eine Belegung von nur 30 Prozent – so niedrig wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr.
Wegen anhaltender Raketengefahr in Israel fliegen Lufthansa und Air Berlin auch am Donnerstag den Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv nicht an. Die Lufthansa Gruppe teilte am Mittwoch mit, es lägen keine ausreichend belastbaren, neuen Informationen vor, die eine Wiederaufnahme des Flugbetriebs rechtfertigen würden.
Mit Informationen von dpa