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KAIRO
Ägyptens ehemaliger Präsident Mubarak gestorben
Martin Gehlen
 |  aktualisiert: 02.06.2021 02:15 Uhr

„Du hast mich da reingeritten, du und deine Mutter“, herrschte Hosni Mubarak in den dramatischen Stunden nach seinem Sturz seinen Sohn Gamal an. „Ihr habt meinen Platz in der Geschichte Ägyptens ruiniert.“ Dreimal hatte sich der alte Autokrat 2011 während des 18-tägigen Volksaufstands am Nil mit versteinerter Miene und tiefen Augenrändern in nächtlichen TV-Ansprachen an seine rebellischen Landsleute gewandt. Dreimal lehnte Mubarak einen raschen Rücktritt ab – gedrängt von seinem Sohn Gamal und seiner Frau Suzanne.

Mit jedem dieser störrischen Auftritte brachte er sein Volk mehr in Rage. Erst am 11. Februar 2011 gab der Langzeitpharao auf. 850 Menschen waren bis dahin bei den landesweiten Unruhen gestorben, die meisten erschossen durch Scharfschützen der Polizei. Neun Jahre später ist die Erinnerung an dieses dramatische Finale des Arabischen Frühlings am Nil genauso verblasst wie die damaligen Forderungen der Volksmassen nach „Brot, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit“.

Lebensabend in der Familienvilla

Nur zwölf Monate regierte der demokratisch gewählte Nachfolger Mubaraks, der Muslimbruder Mohammed Mursi, der 2019 nach sechs Jahren Kerker an den Folgen seiner Haftbedingungen starb. Im Juli 2013 putschte der damalige Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi und brachte mit Gewalt die Armee an die Macht zurück. Verfemte Mitstreiter Mubaraks tauchten wieder auf. Auch der 2011 verhaftete Alt-Präsident, der wegen seines Schießbefehls auf die Demonstranten vor Gericht stand, wurde im März 2017 freigesprochen und kam auf freien Fuß.

Und so verbrachte der 91-Jährige, der am Dienstag nach einer Operation auf der Intensivstation des Kairoer Militärhospitals am Nilufer starb, seinen Lebensabend bis zuletzt zurückgezogen in der Familienvilla im Stadtteil Heliopolis. In die Politik Ägyptens mischte er sich nicht mehr ein, auch wenn er keinen Zweifel daran ließ, dass er Ex-Feldmarschall Sisi für den Richtigen an der Spitze des 100-Millionen-Volkes hielt. Mubarak war kein Mann charismatischer Auftritte, mitreißender Visionen oder zündender Programme.

Er bevorzugte das Gewohnte und pflegte staatsmännische Routine. Selbst auf dem Höhepunkt des Arabischen Frühlings begann er seinen Arbeitstag pünktlich früh um sechs Uhr, ging die wenigen Schritte von seiner Wohnung in sein Amtszimmer, stets mit makellos gefärbtem Haar und blauem Anzug, als wenn draußen im Land alles weiter in den gewohnten Bahnen liefe.

Ausbildung zum Kampfpilot

Geboren wurde der moderne Pharao am 4. Mai 1928 in dem Fellachendorf Kafr-el-Moseilha im Nil-Delta. Sein Vater war Justizbeamter. Hosni machte nach seiner Ausbildung zum Kampfpilot in der Sowjetunion rasant Karriere in der Luftwaffe. Die schlug sich unter ihm als Oberbefehlshaber im Jom-Kippur-Krieg 1973 besser als zuvor im Sechstagekrieg 1967.

Seine Offiziere nannten ihn „härter als Rommel, aber menschlich o. k.“ Zwei Jahre später ernannte Präsident Anwar as-Sadat den politisch unerfahrenen „Helden des Oktoberkriegs“ überraschend zu seinem Vize. Im Nahostkonflikt verstand Mubarak sich als ehrlicher Makler, auch wenn er es zeitlebens vermied, zu einem offiziellen Staatsbesuch nach Israel zu reisen.

Rückblickend wirkt Mubaraks Machtpraxis im Vergleich zum Sisi-Regime gezügelt. Die Zahl der politischen Gefangenen heute ist um ein Vielfaches höher als zu den schwärzesten Mubarak-Zeiten. „Meinungsfreiheit existiert nicht mehr in Ägypten. Die Situation ist schlimmer als unter Mubarak“, urteilte Bestseller-Autor Alaa Al-Aswani: „Was in Erinnerung bleiben wird, ist die ägyptische Revolution und nicht der Diktator. Sie zwang Mubarak zum Rücktritt. Und wir wissen heute, dass er sich weigerte.“

 
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