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Abschied von der Eisernen Lady
Margaret Thatcher ist tot: Mit der 87-jährigen Britin starb eine der profiliertesten Gestalten auf der politischen Weltbühne der 1980er Jahre. Sie erntete Bewunderung, aber auch Hass.
Durchsetzungsstark: Margaret Thatcher war die erste Regierungschefin in Europa. In Großbritannien blieb sie auch die einzige.
Foto: dpa | Durchsetzungsstark: Margaret Thatcher war die erste Regierungschefin in Europa. In Großbritannien blieb sie auch die einzige.
Von dpa-Korrespondent Michael Donhauser
 |  aktualisiert: 08.04.2013 19:41 Uhr

Helmut Kohl soll einmal über Margaret Thatcher gesagt haben, er meide sie „wie der Teufel das Weihwasser“. Die „Eiserne Lady“ hat sich ihren Beinamen in der nationalen und internationalen Politik mit Hartnäckigkeit und Durchsetzungsstärke erarbeitet. Politikern und Wirtschaftsbossen gegenüber zeigte sich die streng konservative britische Ex-Premierministerin ebenso unerbittlich wie gegenüber Terroristen. Nach ihrer Amtszeit erkrankte sie an Demenz. Am Montag früh starb sie nach jahrelanger Krankheit im Alter von 87 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

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Thatchers Name steht in den Geschichtsbüchern für den gewonnenen Falkland-Krieg, aber auch für eine enorme Privatisierungswelle und beispiellose soziale Einschnitte in Großbritannien. Der „Thatcherismus“ der 1980er Jahre galt als beispiellos in Europa.

Harte Verhandlerin

In den vergangenen Jahren kamen auch immer mehr Dinge ans Tageslicht, die während der Thatcher-Ära verheimlicht worden waren. So musste London zugeben, dass unter der Thatcher-Führung die Rolle der britischen Armee in Nordirland in ein allzu positives Licht gestellt worden war. Argentinien betrachtet die Frau aus der Downing Street noch immer als Kriegsverbrecherin, weil sie ohne Not den Befehl zum Versenken des Kriegsschiffes „General Belgrano“ gegeben hatte – und damit 323 Menschen in den Tod schickte.

Noch heute rauchen EU-Diplomaten in Brüssel die Köpfe, wenn es etwa um den von Thatcher 1984 herausgefochtenen „Britenrabatt“ geht, der Großbritannien geringere Netto-Zahlungen in den EU-Topf garantiert. Thatcher hatte damals sinngemäß gesagt: „I want my money back“ („Ich will mein Geld zurück“). Nicht gerade diplomatisch – aber erfolgreich. Die Verhandlungstaktik der stets hochkorrekt gekleideten Frau mit der Betonfrisur ging als „Handbagging“ in die Politik-Geschichte ein – in entscheidenden Situationen soll sie resolut ihre Handtasche auf den Tisch geschlagen haben.

Europas erste Regierungschefin

Bei der deutschen Wiedervereinigung sprach „Maggie“ – die erste Frau an der Regierungsspitze eines europäischen Landes überhaupt – ebenfalls ein Wörtchen mit. Die Frau, deren Deutschlandbild nach eigenem Bekunden in den ersten Jahren des Zweiten Weltkrieges geprägt wurde „und sich danach nicht wesentlich geändert“ hat, wehrte sich bis zuletzt gegen die deutsche Einheit. Schließlich machte sie die Anerkennung der Nachkriegsgrenzen zur Bedingung – und setzte sich abermals durch. Kopfschütteln löste sie mit ihrem massiven Einsatz für die Freilassung des chilenischen Diktators Augusto Pinochet aus – er hatte ihr im Falkland-Krieg gegen Argentinien geholfen.

Als Thatcher, die 1979 Premierministerin geworden war, 1990 abtrat und den Stab sowohl bei der konservativen Partei als auch in der Downing Street an ihren Nachfolger John Major abgab, mischte sie weiter kräftig mit. Major beschwerte sich später bitterlich, Thatcher habe seine Regierung regelrecht unterminiert. Ihren 80. Geburtstag hatte Margaret Thatcher noch bei einer großen Party mit der fast gleichaltrigen Queen Elizabeth II. – zu der sie nie einen besonders guten Draht entwickelt hatte – und 650 weiteren Gästen gefeiert. Zuletzt waren ihre öffentlichen Auftritte äußerst rar - wegen ihrer Demenz wirkte die einstige „Eiserne Lady“ oft abwesend.

Über dem britischen Regierungssitz wehte am Montag die Flagge auf halbmast. Bei der Trauer-Zeremonie, deren Datum zunächst nicht genannt wurde, soll ihr Leichnam ihren eigenen Wünschen zufolge nicht öffentlich aufgebahrt werden. Schon kurz nachdem sich die Nachricht vom Tod Thatchers verbreitet hatte, wurden vor ihrem Haus im Londoner Diplomatenviertel Belgravia Blumen niedergelegt.

Der amtierende Premierminister und Parteifreund Thatchers, David Cameron, nahm die Nachricht von ihrem Tod mit großer Trauer auf. „Wir haben eine große Führungspersönlichkeit, eine großartige Premierministerin und eine große Britin verloren“, erklärte er. Queen Elizabeth II. schickte ein privates Telegramm an Thatchers Familie. Der frühere Labour-Premier Tony Blair erklärte, Thatcher habe nicht nur die politische Landschaft ihres Landes, sondern der ganzen Welt verändert.

Doch es gab auch kritische Stimmen zum Tod der umstrittenen Politikerin. Der frühere Londoner Bürgermeister Ken Livingstone sagte, die Politik Thatchers sei „grundlegend falsch“ gewesen. Sie habe Millionen Menschen arbeitslos gemacht. In der Amtszeit von Thatcher schnellte die britische Arbeitslosenquote auf bis zu 12,5 Prozent – ehe sie gegen Ende ihrer Amtszeit wieder sank. Es sei ein „großartiger Tag“ für Kohle-Arbeiter, erklärte sogar der Generalsekretär der Gewerkschaft der Bergleute in Durham, David Hopper. Der 70-Jährige kündigte eine Gegendemonstration der Kohle-Bergleute an für den Tag der Trauerfeier. Thatcher habe „unserer Gesellschaft Schlimmes angetan“. Sie habe „unsere Menschen“ zerstört.

„Ich will mein Geld zurück“

Das Margaret Thatcher zugeschriebene Zitat „Ich will mein Geld zurück“ ist nicht wirklich so gefallen. Beim EU-Gipfel im Schloss von Fontainebleau 1984 verlangte Thatcher einen größeren EU-Beitragsrabatt für ihr Land mit den Worten: „Wir bitten nicht die Gemeinschaft oder sonst jemanden um Geld. Wir wollen einfach unser eigenes Geld zurück.“ Ihre Hauptansprechpartner waren der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl und Frankreichs Präsident François Mitterrand. Thatcher stellte bei internationalen Verhandlungen oft ihre Handtasche vor sich auf den Tisch. Das tat sie auch in Fontainebleau. Ihre Gesprächspartner waren zu Beginn der Verhandlung bereit gewesen, Großbritannien einen Beitragsnachlass von 60 Prozent zu gewähren. Thatcher verlangte 70 Prozent. Schließlich bot Kohl 65 Prozent an. Nachdem Thatcher darauf hingewiesen hatte, dass „zwei Drittel schöner als 65 Prozent“ seien, einigte man sich schließlich auf 66 Prozent Rabatt. TEXT: dpa

 
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