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WOLFSBURG
Abgasskandal: Nun auch CO2-Probleme bei Volkswagen
Volkswagen       -  Volkswagen kommt nicht zur Ruhe.
Foto: Julian Stratenschulte (dpa) | Volkswagen kommt nicht zur Ruhe.
dpa
 |  aktualisiert: 12.11.2015 03:23 Uhr

Hunderttausende VW-Autos könnten mehr CO2 ausgestoßen und damit mehr Sprit verbraucht haben als vom Hersteller angegeben. VW musste am Dienstagabend nach Manipulationen bei Stickoxid-Werten auch Unregelmäßigkeiten bei CO2-Werten einräumen. Es gehe hauptsächlich um Dieselfahrzeuge, aber auch eine geringe Anzahl von Benzinern. Damit erreicht der Abgas-Skandal eine neue Dimension. Wie deutlich der gemessene CO2-Ausstoß über den angegebenen Werten liegt, sagte ein VW-Sprecher zunächst nicht.

In dem neuen Fall geht es um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) - und damit um den Spritverbrauch. «Nach derzeitigem Erkenntnisstand können davon rund 800 000 Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns betroffen sein», heißt es in einer VW-Mitteilung vom Dienstagabend in Wolfsburg. Der Autokonzern bezifferte die wirtschaftlichen Risiken in einer ersten Schätzung auf rund zwei Milliarden Euro.

VW-Chef Matthias Müller versprach erneut eine «schonungslose» Aufklärung. «Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative.» Der Aufsichtsrat reagierte in einer Mitteilung «mit Betroffenheit und Sorge» auf die neue Dimension. Nach dpa-Informationen wird sich die Aufsichtsratsspitze spätestens an diesem Sonntag treffen, der komplette Aufsichtsrat dann am Montag.

Bisher ging es in dem Abgas-Skandal um Stickoxid (NOX). Im September hatte das Unternehmen eingestanden, bei Abgas-Tests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Diesel-Motoren manipuliert zu haben. Die Software schaltet in Testsituation in einen Sparmodus. In diesem Zusammenhang musste VW bereits 6,5 Milliarden Euro zurückstellen.

Im Rahmen der derzeit laufenden Überprüfungen aller Prozesse und Abläufe bei Dieselmotoren ist laut VW aufgefallen, dass bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeugmodelle zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden. Betroffen seien ganz überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Es gehe um Autos der Typen Polo, Golf und Passat, sagte ein VW-Sprecher auf Anfrage. Bei der VW-Tochter Audi seien A1- und A3-Modelle betroffen. Bei Skoda gehe es um den Octavia und bei Seat um den Leon und den Ibiza.

Auch bei einem Benzinmotor mit Zylinderabschaltung habe es Auffälligkeiten gegeben, sagte der Sprecher. Es handele sich dabei aber um eine geringe Stückzahl. Bei den Dieselmotoren seien 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Varianten betroffen. Alle Aggregate stammen einem Sprecher zufolge aus dem Wolfsburger Stammhaus von VW.

Kohlendioxid (CO2) ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren verschärft worden. Fraglich ist nun, ob VW bei der Flotte die CO2-Grenzwerte überschritten hat.

Die neue Dimension des Abgas-Debakels könnte für Volkswagen und seine Kunden mögliche Folgeprobleme haben. So hängt hierzulande die Höhe der Kfz-Steuer für jüngere Pkw mit Erstzulassungsdatum ab 1. Juli 2009 auch am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Autos mit niedrigerer CO2-Emission sind steuerlich günstiger als welche mit einer höheren. Damit steht das Risiko im Raum, dass durch die Abgas-Manipulationen Kfz-Steuern für Autos aus dem VW-Konzern zu niedrig festgesetzt worden sind.

Die Grünen sehen nun auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Zug. «Angesichts der Dimension des Skandals und dem damit verbundenen Schaden für die gesamte deutsche Automobilbranche reicht es nicht mehr aus, Aufklärung als Show zu simulieren», sagte der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. Dobrindt müsse klare politische Regeln und Kontrollen durchsetzen, um die Auto-Branche vor sich selbst zu schützen. «Wir brauchen endlich umfassende Transparenz und Tests auf der Straße durch eine unabhängige europäische Behörde.»

Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, erklärte: «Offenbar hat VW bei der Ermittlung des Spritverbrauches illegale
Techniken angewendet, um ihn nach unten zu korrigieren.» Die ganze Wahrheit müsse jetzt auf den Tisch. Nötig seien zudem endlich schlagkräftige staatliche Stellen, die auch die Angaben der Hersteller nachprüfen dürfen und können. Bisher sei das nicht der Fall.

 
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