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GROSSETO
16 Jahre Haft für Ex-Kapitän Schettino
Schuldspruch: Francesco Schettino, der Ex-Kapitän des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ (im Bild bei seiner Schlusserklärung am Mittwoch vor Gericht), ist zu 16 Jahren Haft verurteilt worden.
Foto: Alberto Pizzoli, afp | Schuldspruch: Francesco Schettino, der Ex-Kapitän des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ (im Bild bei seiner Schlusserklärung am Mittwoch vor Gericht), ist zu 16 Jahren Haft verurteilt worden.
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:54 Uhr

Vor dem Urteil bricht er in Tränen aus, den Richterspruch hört er sich aber nicht an. Der Kapitän der „Costa Concordia“ muss für die Katastrophe lange in Haft. Das Ende der Justiz-Saga ist das vermutlich allerdings nicht.

Gut drei Jahre nach der „Costa Concordia“-Katastrophe mit 32 Toten ist der Kapitän Francesco Schettino zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Schettino habe sich unter anderem mehrfach der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht, erklärte der Vorsitzende Richter am Mittwochabend im toskanischen Grosseto. Schettino war bei dem Urteilsspruch nicht anwesend, obwohl er das angekündigt hatte. Er habe Fieber, erklärten seine Anwälte.

Das Kreuzfahrtschiff war am 13. Januar 2012 mit mehr als 4200 Menschen an Bord vor der italienischen Insel Giglio auf eine Felsen gefahren und gekentert. Unter den Toten waren zwölf Deutsche.

Schlussworte unter Tränen

Schettinos Anwälte hatten einen Freispruch gefordert, die Staatsanwaltschaft 26 Jahre und drei Monate Haft. Dem 54-Jährigen waren unter anderem fahrlässige Tötung und Verletzung vorgeworfen worden.

Schettino hatte sich nach dem Unglück zuerst selbst gerettet, bevor die Evakuierung abgeschlossen war. Er hatte immer wieder betont, dass vor allem seine Crew an dem Unglück schuld gewesen sei. Schettino war der einzige Angeklagte in dem Mammutprozess und stand seit eineinhalb Jahren vor Gericht. Es wird erwartet, dass er Berufung einlegt.

Vor der Verurteilung hatte sich Schettino nochmal unter Tränen verteidigt. „Mein Kopf wurde geopfert, um wirtschaftliche Interessen zu schützen“, beklagte der 54-Jährige in seinen Schlussworten. Er sei in den Medien falsch dargestellt worden. „An diesem 13. Januar 2012 bin auch ich zum Teil gestorben“, sagte er. „Es ist schwierig, das ein Leben zu nennen, was ich lebe.“ Anschließend versagte dem Unglückskapitän die Stimme, unter heftigem Schluchzen brach er sein Statement ab.

Nebenkläger hatten immer wieder betont, dass Schettino nicht alleine für das Unglück verantwortlich gemacht werden könne. Auch die Reederei Costa Crociere treffe eine Schuld, unter anderem wegen technischer Defekte.

Aus Sicht der Anklage hätte Schettino mit einer sofortigen Evakuierung alle 4200 Menschen an Bord retten können. „Schettino hat falsche Entscheidungen getroffen“, sagte Ankläger Alessandro Leopizzi. Der Kapitän stehe zu Recht im Zentrum der Anklage.

Auch die „Costa“-Überlebende Anne Decré aus Bordeaux verfolgte den Prozess im Gerichtssaal. Wie die Anwälte der Nebenklage forderte auch Decré, die Reederei Costa Crociere zur Rechenschaft zu ziehen, die sich vor dem Prozess mit der Justiz auf einen Vergleich geeinigt hatte. Gegen Zahlung von einer Million Euro Strafe wurden die Ermittlungen eingestellt. „Es wird nur Gerechtigkeit geben, wenn auch Costa Crociere bestraft wird“, sagte Opfer-Anwalt Massimiliano Gabrielli.

Zitate zum Schiffsunglück

Francesco Schettino:

„Wir haben bloß ein technisches Problem. Sobald wir es gelöst haben, werden wir Sie kontaktieren.“

(Schettino in einem Telefonat mit der Hafenaufsicht während des Unglücks)

„Wir sind auf eine Untiefe geprallt, das Schiff hat sich geneigt, ich mache aber gerade ein gutes Manöver, ... alles unter Kontrolle.“

(Schettino in einem Gespräch mit seiner Frau, während das Kreuzfahrtschiff evakuiert wurde)

„Ich bin gestrauchelt und lag plötzlich zusammen mit den Passagieren im Boot.“

(Schettino zum Vorwurf, dass er so früh von Bord gegangen ist)

„Auf dem Schiff komme ich als Kommandant gleich nach Gott.“

(Schettino über seine Position an Bord)

„An diesem 13. Januar 2012 bin auch ich zum Teil gestorben. Es ist schwierig, das ein Leben zu nennen, was ich lebe.“

(Schettino kurz vor der Urteilsverkündung. Am Ende seiner Erklärung brach er in Tränen aus.)

„Ich bin überzeugt, dass man Schmerz nicht zeigen sollte, um ihn nicht zu instrumentalisieren.“

(Schettino ebenfalls kurz vor der Urteilsverkündung vor dem Gericht in Grosseto)

Andere zu und über Schettino:

„Er ist von Bord gegangen, ohne sich auch nur die Schuhsohlen nass zu machen.“

(Staatsanwalt Alessandro Leopizzi)

„Er ist kein Irrer, der auf dem Meer herumfährt und Felsen zum Umschiffen sucht.“

(Schettinos Anwalt Donato Laino) Text: dpa

 
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