Die Bundeswehr bereitet sich auf ihren derzeit größten Auslandseinsatz vor. 1200 deutsche Soldaten sollen an der Syrien-Mission im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligt sein. Das kündigte Generalinspekteur Volker Wieker in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ an. Aus militärischer Sicht werde die notwendige Truppenstärke für den Betrieb der Flugzeuge und der Fregatte in dieser Größenordnung liegen, sagte Wieker.
Die Bundesregierung hatte die Grundsatzentscheidung für die Militäroperation am Donnerstag aus Solidarität mit dem vom Terror getroffenen Frankreich beschlossen. Konkret will Deutschland mit Tornado-Aufklärungsjets, einem Tankflugzeug, einem Kriegsschiff und Satellitenaufklärung in den Kampf gegen den IS eingreifen. Allein die Besatzung der Fregatte, die den französischen Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ im Mittelmeer schützen soll, wird nach Einschätzung der Experten aus mehr als 200 Soldaten bestehen.
Morgen will das Kabinett entscheiden, der Bundestag soll zeitnah beraten. Eine Parlamentsmehrheit mit den Stimmen der Koalition aus Union und SPD gilt als sicher. Wieker sagte, der Einsatz könne „sehr rasch beginnen“. Die Bundesregierung strebe ein Mandat noch in diesem Jahr an. Die größte Gefahr für die Piloten sieht der Generalinspekteur im möglichen Beschuss vom Boden aus. „Darauf sind wir eingestellt und treffen mit unseren Verbündeten Vorkehrungen, unsere Soldaten zu schützen“, sagte er. Eine Beteiligung an Luftangriffen in Syrien hält Wieker zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte dieser Redaktion, die Luftaufklärung sei eine der großen Kompetenzen der Bundeswehr. Das Angebot der Bundesregierung nannte Schwabens CSU-Chef „gut und angemessen“. „Klar ist, dass Deutschland nicht mit Bodentruppen dabei ist“, betonte Ferber. Es sei aber auch keine Option, sich nur zurückzulehnen und zu sagen: Die anderen werden die Probleme in Syrien schon lösen. Eine wachsende Terrorgefahr in Deutschland sieht Ferber durch den Militäreinsatz nicht. „Unser Land steht schon heute im Fokus des Islamisches Staates.“
Der SPD-Außenexperte Niels Annen forderte eine engere Abstimmung mit Frankreich. Wenig hilfreich sei der Pariser Vorstoß für eine mögliche Allianz mit der syrischen Armee im Kampf gegen die IS-Terroristen. „Assads Mörderbanden dürfen nicht die Bodentruppen für uns sein“, sagte auch Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir, der die Zustimmung seiner Partei offenließ. Des weiteren dürfe die internationale Allianz kein Bündnis mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eingehen, „bei dem wir als Preis die Ukraine verkaufen“, mahnte Özdemir. Die Linke bleibt bei ihrer strikten Ablehnung des Militäreinsatzes.
Der Luftkrieg gegen den IS wird bisher unter anderem von den USA, Frankreich, Russland und arabischen Staaten geführt. In London und Madrid haben tausende Menschen gegen eine mögliche Beteiligung ihrer Länder am Syrien-Krieg demonstriert.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich generell zur Zusammenarbeit mit Russland in einer Anti-IS-Allianz bereit. Im Kampf gegen den IS müssten die beteiligten Länder ihre Differenzen zurückstellen und ein „politisches Zweckbündnis auf Zeit“ eingehen, schrieb die Ministerin in einem Gastbeitrag für die „Bild“ (Montagsausgabe). „Der Kampf gegen Isis muss oberste Priorität haben, für Frankreich ebenso wie für die USA, China, Russland, die Türkei, den Iran, die arabischen Staaten oder uns.“
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat seit der Ausrufung ihres „Kalifats“ vor eineinhalb Jahren Aktivisten zufolge rund 3600 Menschen in Syrien wegen Regelverstößen mit dem Tode bestraft. Mit Informationen von dpa und afp