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München
Deutschlands Wirtschaft steht vor schwierigen Jahren
Weil sich ab 2025 der demografische Wandel erstmals gravierend bemerkbar macht, geht das Ifo-Institut von "spürbaren" Auswirkungen auf das Produktionspotenzial aus.
Deutsche Wirtschaft.jpeg       -  Trübe Aussichten für dieses Jahr: Die deutsche Wirtschaft schrumpft.
Foto: Sina Schuldt, dpa | Trübe Aussichten für dieses Jahr: Die deutsche Wirtschaft schrumpft.
Stefan Küpper
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:37 Uhr

Die konjunkturellen Aussichten bleiben in Deutschland trübe. Das bestätigte – nach dem Kiel Institut für Weltwirtschaft – am Donnerstag auch das Münchener Ifo-Institut in seiner Herbstprognose. Demnach wird die Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann zwar um 1,4 Prozent steigen. Das sind den Ökonomen zufolge allerdings 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahr 2025 wird dann ein Wachstum von 1,2 Prozent berechnet. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser sagte: „Die Konjunktur tritt auf der Stelle." Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte ausbleiben. Die Abkühlung setze sich fort, in nahezu allen Branchen stehe die Tendenz auf Flaute.

Der perspektivische Blick auf das Wirtschaftswachstum in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts verheißt – Stand heute – auch weniger Dynamik. Zu einem besonderen Hemmnis wird hier den weiteren Ifo-Angaben zufolge, dass Arbeitskräfte fehlen. Die Generation der Babyboomer geht bekanntermaßen in Rente. Hinzu kommt der eklatante Fachkräftemangel. Die Folge: Trotz der konjunkturellen Erholung wird die Beschäftigung in zwei Jahren nicht mehr steigen. Wollmershäuser ordnet das so ein: „2025 ist das erste Jahr, in dem sich der demografische Wandel ganz gravierend bemerkbar macht. Das wird das erste Jahr sein, in dem das sogenannte Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland sinkt."

In NRW bahnt sich ein Tarifkonflikt zu Arbeitszeitverkürzungen an

Entsprechend habe das Ifo-Institut die Wachstumsrate des Produktionspotenzials „spürbar“ herabgesenkt. Heißt: „In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts werden wir uns in Deutschland an durchschnittliche Wachstumsraten von 0,5 Prozent gewöhnen müssen. Das sogenannte Produktionspotenzial spiegelt die mittelfristigen Möglichkeiten einer Volkswirtschaft wider. Man versucht dabei das Bruttoinlandsprodukt zu bestimmen, das sich ohne konjunkturelle – also kurzfristige – Schwankungen ergibt." 

Vor diesem Hintergrund bahnt sich in Nordrhein-Westfalen ein interessanter Tarifkonflikt in der nordwestdeutschen Eisen- und Stahlindustrie an. Die IG Metall fordert, dass die Monatsentgelte um 8,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten steigen. Außerdem fordert sie eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 32 Stunden mit vollem Lohnausgleich. „Diese Arbeitszeitverkürzung wäre damit der Einstieg in die Viertagewoche, die dadurch in vielen Bereichen möglich wird“, sagte Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer, laut Mitteilung. Gerhard Erdmann, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Stahl, sagte unserer Redaktion dazu: "Arbeitszeitverkürzungen macht man üblicherweise dann, wenn man zu viele Leute für zu wenig Arbeit hat. Entsprechend weisen wir die Forderung entschieden zurück. Wir haben nämlich zu wenig Leute für zu viel Arbeit. "

Ifo-Experte Andreas Peichl: "Idealerweise mehr arbeiten"

Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik, sagte dazu im Gespräch mit unserer Redaktion: "In der Industrie gibt es eigentlich keine Studie, die zeigt, dass mit einer 32-Stunden-Woche die Produktivität steigt. Langfristig wäre es also nicht gut für den Standort Deutschland, wenn wir nun auch noch die Arbeitszeiten verkürzen. Wir müssen vielmehr sehen, dass wir das Erwerbstätigenpotenzial eher mehr ausschöpfen, also idealerweise mehr arbeiten.“ 

Lichtblick für das laufende Jahr ist den weiteren Ifo-Angaben zufolge der private Konsum. Dieser dürfte sich im zweiten Halbjahr wieder allmählich erholen. Wollmershäuser sagt: „Der Anstieg der verfügbaren Haushaltseinkommen wird kräftig bleiben und bei langsam sinkenden Inflationsraten auch zu einem Kaufkraftplus führen“. Die gute Nachricht ist zudem: Die Verbraucherpreise werden den Ökonomen zufolge zwar in diesem Jahr um 6,0 Prozent steigen, 2024 aber nur noch um 2,6 Prozent und danach um 1,9 Prozent. 

 
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