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Berlin
Lindners Spar-Appell stößt auf Widerspruch
Der Bundesfinanzminister löst mit seiner Forderung nach einem Moratorium gegen höhere Sozialausgaben Empörung bei den Koalitionspartnern aus.
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Foto: Serhat Kocak, dpa | FDP-Chef Christian Lindner will eine Ausgabenbremse im Sozialbereich.
Christian Grimm
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:02 Uhr

Der neueste Zank in der Ampelkoalition entzündet sich an der Frage, ob es Kanonen oder Butter geben soll. Bundesfinanzminister Christian Lindner findet, dass die fetten Jahre vorbei sind und mehr Geld in die Bundeswehr und eine agile Wirtschaft gesteckt werden muss, statt Sozialausgaben zu steigern. "Wenn es uns gelänge, mal drei Jahre mit dem auszukommen, was wir haben, dann wäre das ein ganz großer Schritt zur Konsolidierung", hatte der FDP-Chef in der Talkshow von Maybrit Illner gesagt. Die Butter-Fraktion ließ nicht lange auf sich warten: "Wir brauchen kein Moratorium bei den Sozialausgaben", erklärte der Sozialverband VdK. Wer alte, kranke oder arme Menschen mit ihren Sorgen im Stich lasse, "hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt." 

Von den Koalitionspartnern SPD und Grünen fing sich Lindner ebenfalls eine Abfuhr ein. SPD-Chefin Saskia Esken nannte den Vorstoß verantwortungslos und bekräftigte ihre Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse. Denn mit mehr Schulden sind Kanonen und Butter kein Widerspruch, beides ließe sich finanzieren – wenn auch zum Teil auf Pump. 

SPD und Grüne dringen auf Reform der Schuldenbremse

Die Grünen hauten in dieselbe Kerbe. "Wir wollen wirtschaftlichen Aufbruch und ein Land, das einfach funktioniert. Deshalb schlagen wir einen Investitionsfonds für Bund, Länder und Kommunen vor", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge am Sonntag. Für den Geldtopf soll die Schuldenbremse des Grundgesetzes reformiert werden. 

Das wiederum ist mit den Liberalen nicht zu machen. Zustimmen müssten zu einer Verfassungsänderung auch CDU und CSU, die das aber ablehnen. Derzeit wollen sie dem Regierungsbündnis nicht aus der finanziellen Bredouille helfen. Union und FDP als wirtschaftsfreundliche Parteien stehen mit ihrer Position indes zumindest im Lager der Wirtschaftsprofessoren auf der Seite der Minderheit. Eine Mehrheit der maßgeblichen Ökonomen fordert mittlerweile eine Reform der Schuldenregel, um mehr staatliche Investitionen zu ermöglichen. 

Christian Lindner macht Vorschläge für mehr Wachstum

Wenige Tage vor seiner Forderung nach einem Sozialstaatsmoratorium haben Lindners Leute einige Ideen in einem Impulspapier zusammengeschrieben, wie Deutschland seine ökonomische Trägheit überwinden könnte. Darin finden sich einige Klassiker, wie zum Beispiel niedrigere Steuern für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger. Oder das Zurückdrängen der Bürokratie. Energie soll billiger werden, indem das umstrittene Gas-Fracking und die unterirdische Speicherung von CO₂ auch hierzulande erlaubt werden.

In dem Papier wird verlangt, mehr Freihandelsabkommen abzuschließen und zu weniger Bürokratie im Außenhandel zu kommen. Letzteres ist eine Spitze gegen das europäische Lieferkettengesetz, das die FDP erst in Brüssel aufgehalten hat und damit SPD und Grüne verärgerte – neben der halben Europäischen Union. "Wenn die Politik Mut zu strukturellen Reformen beweist, ist all dies möglich im Rahmen der Schuldenbremse", heißt es in dem kleinen Katalog. An konkreten Vorschlägen werde gearbeitet. 

Haushalt für 2025 wird noch größerer Kraftakt für Koalition

Der FDP-Vorsitzende steht jedoch vor der Schwierigkeit, dass Steuersenkungen zunächst einmal den Staat Einnahmen kosten, ehe sie womöglich nach einiger Zeit für höheres Wirtschaftswachstum sorgen und das Geld wieder eingespielt wird. War die Aufstellung für das laufende Jahr schon ein Kraftakt, wird der Haushalt für 2025 noch schweißtreibender. Denn es fehlen Stand jetzt 25 Milliarden Euro, von denen keiner recht weiß, wo sie herkommen sollen. Finanziell hat die Ampelkoalition keinen Spielraum, weil Lindner auf der Einhaltung der Schuldenbremse besteht. Das Impulspapier schlägt auf der letzten der vier Seiten einen versöhnlichen Ton an. "Dazu wollen wir innerhalb der Koalition konstruktiv weiterkommen."

 
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