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Berlin
CSU sieht sich beim Wahlrecht durch Karlsruhe bestärkt
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil zur alten Wahlrechtsreform gesprochen. Mehr als das Ergebnis zählt die Begründung.
Urteil: Wahlrechtsreform von 2020 verfassungskonform.jpeg       -  Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel zur Bundestagswahl in die Wahlurne.
Foto: Michael Kappeler, dpa | Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel zur Bundestagswahl in die Wahlurne.
Stefan Lange
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:50 Uhr

Als in Karlsruhe das Bundesverfassungsgericht am Mittwochvormittag sein Urteil zum Bundeswahlrecht 2020 verkündete, ging in Berlin ein Aufatmen durch die Unions-Bundestagsfraktion. Die Erleichterung hatte nicht so sehr mit dem Ergebnis des Urteils zu tun. Demnach ist die ohnehin bereits überholte Wahlrechtsreform von damals mit dem Grundgesetz vereinbar. Die von der damaligen Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD beschlossenen Änderungen verstoßen nicht gegen die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie die Chancengleichheit der Parteien (Az. 2 BvF 1/21). Viel interessanter war für die Union die Begründung des Zweiten Senats. 

Hintergrund ist, dass die Ampel in der Zwischenzeit eine weitere Wahlrechtsreform beschlossen hat. Seit Juni dieses Jahres gilt ein Wahlrecht, das weiterhin auf die Erst- und Zweitstimme setzt. Wie vorher schon wird mit der Erststimme ein Wahlkreisbewerber oder eine Wahlkreisbewerberin vor Ort gewählt und mit der Zweitstimme die Landesliste einer Partei. Neu ist, dass allein das Ergebnis der Zweitstimmen maßgeblich für die proportionale Zusammensetzung des Bundestages sein soll (Zweitstimmendeckung). Überhang- und Ausgleichsmandate, die nach dem früheren Wahlrecht noch in einem späteren Schritt hinzugerechnet wurden, entstehen nicht mehr. Ziel der Änderung ist die Verkleinerung des Bundestages auf 630 Abgeordnete. Derzeit sind es 106 Parlamentarier mehr. 

CSU könnte aus dem Bundestag fliegen

Die Union befürchtet, dass diese Regelung eine erhebliche Benachteiligung bedeutet. Bei den Christsozialen kursieren Rechenmodelle, wonach die CSU selbst dann aus dem Bundestag fliegen könnte, wenn sie ihre Direktmandate im Freistaat gewinnt. Denn die Zweitstimmendeckung ist an die bundesweite Fünf-Prozent-Hürde gekoppelt, und die hat die CSU mit 5,2 Prozent bei der letzten Wahl nur knapp übersprungen. Würde sie an der Hürde scheitern, bekäme sie keinen einzigen Sitz im Parlament. 

Die CSU als Partei und die Bayerische Staatsregierung haben bereits Klage in Karlsruhe eingereicht. Bei der Unions-Bundestagsfraktion wurde das nun vorliegende Urteil zur alten Wahlrechtsreform abgewartet. Die Hoffnung, dass es darin Fingerzeige auf das nächste Urteil zur Wahlrechtsreform geben könnte, hat sich offenbar bewahrheitet. „Dieses Urteil ist der Beleg, dass die erneute Wahlrechtsänderung durch die Ampel keine sachliche Berechtigung hat“, erklärte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Es bestätige, dass die Reduzierung des Bundestages auch innerhalb des Wahlrechts in seiner alten Fassung fair und verfassungskonform erreicht werden könne.

Politiker der Ampel werteten die Karlsruher Entscheidung zur Vorgängerreform hingegen als ermutigendes Signal für ihre eigene, die aktuelle Reform. "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt den weiten Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers bei der Ausgestaltung des Wahlrechts", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann.

Unions-Fraktion bereitet Klage vor

„Das Urteil zeigt, dass die Ampel-Wahlrechtsmanipulation ausschließlich dem eigenen Machterhalt dienen soll“, sagte Dobrindt und kritisierte eine massive Missachtung des Wählerwillens. „Diese Wahlrechtsmanipulation der Ampel darf keine Anwendung finden und muss gestoppt werden“, sagte der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag. Dobrindt forderte die Ampel auf, „in Anbetracht dieses Urteils jetzt neue Verhandlungen mit der Union über ein faires Wahlrecht zu führen“.

Es wird damit gerechnet, dass die Unions-Fraktion die bereits angekündigte Klage gegen das geltende Wahlrecht in den nächsten Tagen einreicht. Möglicherweise wird auch die Linke vors Bundesverfassungsgericht ziehen. 

 
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