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Berlin
Die CDU und das Verbrennerverbot: Fehlzündung im Europawahlkampf
Die CDU versucht mit Widerstand gegen das Verbrennerverbot im Europawahlkampf zu punkten. Eine Aktion der Partei geht nach hinten los.
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Foto: Oliver Berg, dpa (Symbolbild) | Ein Pkw mit doppeltem Auspuff steht auf einem Parkplatz.
Matthias Zimmermann
 |  aktualisiert: 31.05.2024 03:07 Uhr

Der Europawahlkampf dümpelt noch immer vor sich hin. Es fehlt ein Aufregerthema, mit dem die Parteien ihre Anhängerschaft ansprechen und mobilisieren könnten. Die CDU versucht es nun mit Widerstand gegen das Verbrennerverbot, das die EU im Frühjahr nach langem Ringen endgültig beschlossen hatte. Parteichef Friedrich Merz sagt, die Politik dürfe es sich nicht anmaßen zu entscheiden, welche Technologien in zehn, 15 oder 20 Jahren die richtigen seien, um den Wohlstand zu erhalten und das Klima "angemessen" zu schützen. 

In der gleichen Tonlage warb die Partei im Internet für die Teilnahme an einer Meinungsumfrage zum Verbrennerverbot. Unter der Frage "Unterstützen Sie die Forderung zur Rücknahme des Verbrenner-Verbotes?" konnten Nutzerinnen und Nutzer anonym und ohne Registrierung mit Ja oder Nein abstimmen. Die Möglichkeit wurde offenbar zahlreich genutzt – allerdings nicht so, wie die Parteistrategen sich das wohl erhofft hatten. 

Forsa-Chef Güllner zweifelt an der Mobilisierungskraft

Die Seite im Internet ist weiter zugänglich. Seit Samstagmittag sind die Abstimmungsbuttons aber blockiert. Die Erklärung dafür steht fett geschrieben darüber: "Diese Umfrage ist massiv manipuliert worden. Zehntausende Stimmen sind automatisiert abgegeben worden. Das ist völlig inakzeptabel. Die Umfrage ist daher abgeschaltet worden." CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach in diesem Zusammenhang gar von "krimineller Energie". Bis zum Stopp der Umfrage hatten sich mehr als 85 Prozent der Teilnehmer dagegen ausgesprochen, das Verbot zurückzunehmen. 

Nun lässt sich darüber diskutieren, welche Aussagekraft solche Umfragen im Internet haben und ob die Partei nicht mehr Vorkehrungen hätte treffen müssen, damit die Abstimmung nicht gekapert werden kann. Manfred Güllner, Gründer und Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Forsa, zweifelt aber grundsätzlich an der Mobilisierungskraft des Themas für den Wahlkampf. "Dass rund zwei Drittel der Bevölkerung gegen das Verbrennerverbot sind, weiß man aus seriösen repräsentativen Umfragen. Dafür braucht man keine fragwürdige Online-Abstimmung."

Im Deutschland-Trend für das ARD "Morgenmagazin" sprachen sich etwa im März 67 Prozent der Befragten gegen ein Ende des Verbrenners bei Neuwagen im Jahr 2035 aus. Am größten war die Zustimmung für das Ende der Technologie noch bei jüngeren Wahlberechtigten bis 34 Jahren (33 Prozent) und Personen mit höheren Bildungsabschlüssen (34 Prozent). Eine Mehrheit dafür gab es aber auch unter ihnen nicht. Für Güllner, der auch SPD-Mitglied ist, hätte die CDU selbst im Falle eines Erfolgs bei der Europawahl Probleme, dieses Wahlversprechen umzusetzen. Daher sagt er: "Das Debakel bei der Umfrage untergräbt das Vertrauen in die Parteien generell." 

Für die Wählerinnen und Wähler ist Brüssel schwer durchschaubar

Die Mobilisierung zur Europawahl sei für die Parteien grundsätzlich schwierig, da die Bürgerinnen und Bürger zu wenig darüber wüssten, wie die Politik auf europäischer Ebene funktioniert. "Dann geht auch noch bei der Frage der Spitzenkandidaten einiges durcheinander: Katarina Barley ist Spitzenkandidatin der SPD, aber nicht der europäischen Sozialdemokraten. Ursula von der Leyen ist Spitzenkandidatin der europäischen Konservativen, will aber gar nicht ins Parlament. Das ist für viele Wählerinnen und Wähler nur schwer zu durchschauen", sagt der Meinungsforscher.

Bereits bei der Einigung auf EU-Ebene wurde festgehalten, dass es 2026 eine Überprüfung des Verbrennerverbots gibt. In der deutschen Autoindustrie sind die Positionen zu einem Aus für das Verbrenner-Aus uneinheitlich. Volkswagen-Chef Oliver Blume erklärte im Frühjahr, er hoffe auf ein schnelles Ende der Diskussion. Sein Konzern hat sich stark auf E-Autos fixiert, jedes Verschieben der strengen Pläne könnte für das Unternehmen teuer werden. BMW-Chef Oliver Zipse hat seine Kritik am EU-Verbot jüngst in mehreren Interviews bekräftigt und vor einer Erpressbarkeit der deutschen Industrie gewarnt.

VDA-Chefin Müller kritisiert die Politik

Hildegard Müller, die Chefin des Verbands der Automobilindustrie, fordert angesichts der Probleme beim Hochfahren der E-Mobilität mehr Flexibilität beim Verbrenner-Aus: "Dazu gehört es ebenso, Probleme zu akzeptieren und zu antizipieren, Fortschritte regelmäßig zu messen und bei neuen Faktoren und Variablen die Strategie anzupassen, um die Ziele zu erreichen", sagte sie unserer Redaktion.

Konkret bemängelt Müller, dass die Politik beim Verbieten schnell sei, ihr bei der Unterstützung der Transformation aber Biss und Weitblick fehlten: "In erster Linie geht es darum, nicht nur Ziele auszurufen, sondern auch die politischen Aufgaben zu erledigen, die für eine erfolgreiche Zielerreichung erforderlich sind – sei es beim Ausbau der Netzkapazitäten, dem Aufbau der Ladeinfrastruktur oder den Zugang zu günstiger Energie und zu den notwendigen Rohstoffen. Hier sind Brüssel und Berlin weder ausreichend strategisch noch agil genug unterwegs."

 
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