
Donald Trump muss an eine Frau demnächst fünf Millionen Dollar überweisen, die er angeblich nicht kennt. Die Rede ist von der Kolumnistin E. Jean Carroll, 79, die vor einem New Yorker Zivilgericht eine Jury aus sechs Männern und drei Frauen davon überzeugt hatte, dass der Ex-Präsident sie 1996 in dem New Yorker Luxuskaufhaus Bergdorf Goodman sexuell missbraucht hat. Dafür und wegen der Verleumdung seines Opfers als Lügnerin sprachen die Geschworenen Carroll das Schmerzensgeld zu.
„Ich habe absolut keine Ahnung, wer diese Frau ist“, reagierte Trump in Großbuchstaben auf seinem hauseigenen Netzwerk „Truth Social“. „Dieses Urteil ist eine Schande – eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten.“ Sein Anwalt Joseph Tacopina hob nach der Urteilsverkündung hervor, dass die Jury den schwerwiegenderen Vorwurf der Vergewaltigung abgewiesen habe. Trump sei bereit weiterzumachen. „Er wird mit einer Berufung dagegen ankämpfen.“ Die Erfolgsaussichten des Rechtswegs für Trump sind so ungewiss wie die Antwort auf die Frage, ob der Spitzenreiter um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner auch einen politischen Preis zahlen muss.
Diesmal fielen die Reaktionen aus Trumps Partei gemischt aus
Anders als nach der Anklage in New Yorkwegen der Verschleierung von Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels fielen die Reaktionen in seiner Partei diesmal gemischt aus. „Die Leute müssen sich fragen, ob sie dieses Drama haben wollen“, erklärte der stellvertretende Fraktionschef der Republikaner im Senat, John Thune. Die Prozesse gegen Trump hätten „einen kumulativen Effekt“. Der Senator spielt damit auf schwebende Verfahren und Ermittlungen an.
In Georgia droht ihm ein Strafverfahren wegen des Versuchs, die Wahlergebnisse in dem Bundesstaat zu manipulieren. Gefängnisstrafen könnten Trump auch drohen, falls Sonderermittler Jack Smith empfiehlt, den Ex-Präsidenten wegen seiner Rolle als mutmaßlichen Drahtzieher des Aufstands vom 6. Januar und im Umgang mit höchsten Staatsgeheimnissen anzuklagen.
Andere in der Partei sprangen Trump zur Seite. Senator Tommy Tuberville aus Alabamaübernahm die Behauptung, der Verurteilte sei Opfer einer Hexenjagd. „Das motiviert mich doppelt so stark, für ihn zu stimmen“, erklärte Tuberville. „Die Leute werden durchschauen, dass er vor New Yorker Geschworenen keine Chance hatte.“ Ähnlich sieht es Marco Rubio, der die Wahlheimat Trumps, Florida, im US-Senat vertritt. „Die Jury ist ein Witz. Der ganze Fall ist ein Witz.“ Die New York Times zitiert hohe Mitarbeiter seines Wahlkampfteams, die jenseits des fallen gelassenen Vorwurfs der Vergewaltigung wenig Möglichkeiten sehen, den Ausgang des Verfahrens zu Trumps Gunsten zu wenden.
Politische Strategen der Republikaner fürchten, die Demokraten könnten die auf Video aufgenommene Vernehmung Trumps durch die Anwälte Carrolls ausschlachten. Diese hatten den Beklagten unter Anspielung auf die im Wahlkampf 2016 an die Öffentlichkeit gelangten „Access Hollywood“-Bänder gefragt, ob er wirklich glaube, dass Stars Frauen ungestraft zwischen die Beine fassen könnten. „Wenn ich das über die letzten Millionen Jahre sehe, denke ich, das ist weitgehend wahr“, antwortete Trump.
Jetzt wird Donald Trumps Auftritt bei CNN mit Spannung erwartet
Einen ersten Test der Wählerreaktion erwartete den Kandidaten am Mittwochabend bei einer „Bürgersprechstunde“ auf CNN in New Hampshire. Dort wollte Trump republikanischen Wählern Rede und Antwort stehen. Das Timing ist für den Sender ein Glücksfall, da kaum jemand mit einer schnellen Entscheidung der Jury gerechnet hatte. Die neun Geschworenen von New York hatten für ihr Urteil nicht einmal drei Stunden gebraucht.