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USA
Donald Trump vor Gericht: Eine Frage der Milliardärs-Ehre
Unerwartet erscheint Donald Trump persönlich vor dem New Yorker Gericht, das die Bewertung seines Firmenimperiums verhandelt – und bepöbelt die Staatsanwältin.
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Foto: Seth Wenig, dpa | Donald Trump, diesmal im Gerichtssaal des New York Supreme Court: Hat der Ex-Präsident seine Vermögenswerte künstlich aufgebläht?
Karl Doemens
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:22 Uhr

New York ist seine Stadt. Hier wurde er geboren, hier hat er sein Imperium aufgebaut. Den berühmten Trump Tower an der Fifth Avenue etwa, in dessen 68. Stock er die Nacht zugebracht hat, oder den Wolkenkratzer 40 Wall Street, der nur zehn Blocks entfernt von der Pearl Street steht, wo der 77-Jährige nun an diesem sonnigen Oktobermorgen aus einem schweren SUV steigt. Links würde es zur City Hall gehen, wo er in der Vergangenheit Steuervorteile für seine Immobiliendeals heraushandelte. Aber Donald Trumps Weg führt heute nach rechts – in den ehrwürdigen New Yorker Supreme Court. 

Der Ex-Präsident müsste nicht hier sein. Der Richter hat seine Anwesenheit nicht gefordert. Der aussichtsreichste republikanische Präsidentschaftsbewerber könnte also in Iowa oder sonst wo unterwegs sein, um Wahlkampf zu machen und Spenden einzuwerben. Immerhin gehören Anklagen für ihn inzwischen zum Alltag: Vier Strafverfahren wegen Schweigegeldzahlungen, Behinderung der Behörden, versuchter Wahlmanipulation und Aufruf zum Kapitol-Sturm laufen schon gegen ihn. Da wirkt der aktuelle Zivilprozess über sein mutmaßlich aufgeblähtes Firmenvermögen, bei dem keine Haftstrafe droht, wie eine Fußnote. 

Demonstranten protestieren vor dem Gericht gegen Trump, nur einer für ihn

Aber die Verhandlung trifft den empfindlichsten Nerv des 77-Jährigen: sein Selbstbild als größter Unternehmer aller Zeiten. Draußen vor dem Gericht haben sich hinter drei Absperrungen zwei Dutzend Demonstranten versammelt. Nur ein einzelner Unterstützer schwenkt eine Trump-Fahne. „Der Mann verkauft sich als Master of the Universe“, empört sich Kathleen Zea. Dann wird die Frau aus Queens drastisch: „In Wahrheit ist er voller Scheiße.“ 

So etwas muss Trump geahnt haben, als er sich kurzfristig entschied, persönlich vor dem Kadi zu erscheinen: Er wolle um seinen Namen und seinen Ruf kämpfen, hatte er am Montag überraschend angekündigt. Immerhin wirft ihm die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James vor, dass er jahrelang sein Vermögen um bis zu zwei Milliarden Dollar aufgebläht hat, um an günstige Kredite und Versicherungen zu kommen. So misst sein Penthouse im Trump Tower, in dem der Angeklagte nächtigte, offenbar „nur“ 1000 und nicht 2800 Quadratmeter, wie in den Geschäftsunterlagen behauptet. Das Domizil Mar-a-Lago in Florida, dessen Wert er vor ein paar Jahren auf 612 Millionen Dollar bezifferte, soll zu diesem Zeitpunkt wegen strikter Nutzungs- und Bebauungsauflagen der Gemeinde tatsächlich nur 28 Millionen Dollar wert gewesen sein. Eine Schrumpfung um den Faktor 20 – das ist für den Narzissten eine Frage der Ehre. 

Die Anklage fordert bis zu 240 Millionen Dollar Strafe, Trump könnte die Kontrolle über den Trump Tower verlieren

Grimmig hat er mit blauer Krawatte und US-Fähnchen als Anstecker am Revers das Gericht betreten. Drinnen vor dem Verhandlungssaal 300 gibt er für die Fernsehkameras erst einmal ein wütendes Statement ab, in dem er die afroamerikanische Staatsanwältin als „Rassistin“ beschimpft und Richter Arthur Engoron einen „gestörten Trump-Hasser“ nennt, der die Wahlen zulasten der Republikaner verfälschen wolle. Beide betrieben „die größte Hexenjagd in der Geschichte“ und planten ein „unternehmerisches Todesurteil“ gegen ihn, stilisiert sich Trump zum Opfer. 

Tatsächlich dürfte eine Verurteilung den Immobilienmogul und seine beiden Söhne hart treffen. Die Strafe von 240 Millionen Dollar, die Staatsanwältin James fordert, könnte noch das geringste Problem sein. Die Anklage strebt nämlich zudem an, dass Trump in New York keine Geschäfte mehr machen darf. Letztlich könnte er sogar zur Auflösung einiger Firmen bezwungen werden und damit die Kontrolle über den Trump Tower verlieren. 

Ein Geldgeber für Trump: die Deutsche Bank

„Sie haben Jahr für Jahr gelogen“, hält Staatsanwalt Kevin Wallace dem prominenten Angeklagten in seinem Eröffnungsplädoyer vor. Trumps Anwalt Chris Kise kontert, die Wertermittlung bei Immobilien sei subjektiv. Außerdem hätten die Geldgeber – allen voran die Deutsche Bank – unabhängig eigene Schätzungen vorgenommen. „Die Banken haben uns als Kunden geliebt“, brüstet sich Trump später in der Sitzungspause. Tatsächlich hat der Frankfurter Geldkonzern nicht geklagt. 

In den kommenden Wochen will Richter Engoron zahlreiche Zeugen anhören. Bis Weihnachten, deutete der wegen seiner Bildung und seines Witzes geschätzte weißhaarige Jurist an, könne der Prozess noch dauern. 

Draußen auf der Straße hält Julie DeLaurier ein Plakat hoch, auf dem der Ex-Präsident in Sträflingskleidung hinter Gittern sitzt. Dazu wird es bei diesem Verfahren nicht kommen. Das weiß die Demonstrantin aus Brooklyn. Ihr geht es um die Symbolik: „Trump ist seit Jahrzehnten ein Krimineller. Aber er ist immer davongekommen. Es wird Zeit, dass er endlich zur Verantwortung gezogen wird.“ 

 
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