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Berlin
So bröckelt die Autorität von Friedrich Merz in der CDU
Lange hat der Parteichef die CDU zusammengehalten. Doch nun platzt immer mehr Kritikern der Kragen. Ein ehemaliger Ministerpräsident zählt Merz öffentlich an.
Gemeinsame Präsidiumssitzung CDU und CSU.jpeg       -  Friedrich Merz steht so sehr unter Druck wie noch nie als CDU-Chef.
Foto: Peter Kneffel, dpa | Friedrich Merz steht so sehr unter Druck wie noch nie als CDU-Chef.
Michael Stifter
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:02 Uhr

Die Herzen im eigenen Laden sind ihm ja noch nie zugeflogen, doch Friedrich Merz ist etwas gelungen, was seit Angela Merkel niemand mehr geschafft hatte: Er hat die CDU zusammengehalten. Eineinhalb Jahre lang ging das halbwegs gut. Die Union arbeitete sich an der Bundesregierung ab und all jene, die den Sauerländer nur zähneknirschend an der Parteispitze akzeptiert hatten, hielten still. Doch nun ist es vorbei mit der Ruhe. Die Autorität von Friedrich Merz bröckelt. 

Seine treuen Anhänger sind enttäuscht, weil der 67-Jährige das Erbe der Ära Merkel nicht radikaler vom Tisch gewischt hat. Seine Gegner im christlichen, liberalen und sozialen Flügel der Partei sehen sich nach einer ganzen Reihe von Patzern in ihren Zweifeln bestätigt. Und Umfragen zeigen, wie unpopulär Merz auch in der Bevölkerung ist.

Hinter den Kulissen brodelt es schon länger. Dass der CDU-Vorsitzende ukrainische Flüchtlinge "Sozialtouristen" und Kinder aus Migrantenfamilien "kleine Paschas" nannte, nehmen ihm viele heute noch übel. Dass er den inhaltlich mindestens umstrittenen und rhetorisch äußerst überschaubaren Auftritt der Sportlerin Claudia Pechstein in Polizeiuniform beim CDU-Grundsatzkonvent als "brillant" bezeichnete, löste Kopfschütteln aus. Als er dann auch noch die CDU zur "Alternative für Deutschland mit Substanz" machte und sich bei der Frage, ob eine Zusammenarbeit in der Kommunalpolitik mit der AfD in Ordnung sei, heillos verzettelte, platzte selbst Spitzenkräften der Kragen, die sonst sehr auf Zusammenhalt bedacht sind. 

Friedrich Merz bekommt Contra aus zahlreichen CDU-Landesverbänden

Aus zahlreichen Landesverbänden bekam der Parteichef Contra – teils von amtierenden Regierungschefs wie Kai Wegner in Berlin oder Boris Rhein in Hessen. Auch die CSU will in diesen Tagen nur ungern mit der großen Schwesterpartei gesehen werden. Und ein ehemaliger CDU-Ministerpräsident stellt sogar öffentlich die Eignung des eigenen Parteichefs für eine Kanzlerschaft infrage. "Mittlerweile muss man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft", sagte Tobias Hans dem Stern

Der Ton zwischen Anhängern und Gegnern des CDU-Chefs wird schärfer

Nun ist der Mann vor über einem Jahr im Saarland abgewählt worden und damit kein Machtfaktor mehr in der Union. Doch er spricht aus, was andere bisher nur denken. "Die Liberalen in der CDU haben eineinhalb Jahre tapfer die Zähne zusammengebissen und nur heimlich die Fäuste geballt, damit ist es jetzt vorbei", beschreibt ein Insider die aufgeheizte Stimmung. Gleichzeitig verschärft sich der Ton zwischen Merz-Anhängern und Gegnern des Parteichefs – nicht nur hinter den Kulissen, sondern zum Teil auch öffentlich, etwa in sozialen Netzwerken. Sogar die Angst vor einer Spaltung der Partei geht um. 

Stürzen wird den Vorsitzenden trotzdem niemand. Vor den wichtigen Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Oktober wäre das ein Desaster. Merz wiederum wird zwar als unbeherrscht und zunehmend dünnhäutig beschrieben – dass er das Amt, auf das er so lange warten musste, in einer Art Kurzschlussreaktion hinschmeißt, wäre dennoch überraschend. 

Für Merz-Rivalen Hendrik Wüst käme ein Machtwechsel zu früh

Potenziellen Nachfolgern wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hendrik Wüst käme ein spontaner Machtwechsel derzeit ohnehin ungelegen. Zu weit ist noch die Strecke bis zur nächsten Bundestagswahl. Und da ist man als Kanzlerkandidat in Spe schnell mal verbrannt. Dass die CDU 2025 mit Merz ins Rennen geht, glauben trotzdem nur noch wenige – oder wie jemand aus dem liberalen Flügel lapidar resultiert: "Mit Merz werden wir nicht zurück an die Regierung kommen, die Frage ist nur: Wer sagt es ihm?"

 
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