Talkshows sind eine gute Bühne für Politikerinnen und Politiker, um ihre Botschaften ins Publikum zu werfen. Anstrengend nur, wenn man dort auf Leute trifft, die ganz andere Botschaften verbreiten wollen. Die einen vielleicht auch mal argumentativ auskontern. Besser wäre es also, wenn man gleich seine eigene Talkshow machen würde, sicher ist sicher. Das hat sich offenbar auch Carsten Linnemann gedacht. Der neue CDU-Generalsekretär hat sein eigenes Online-Talkformat, mit ihm selbst als Moderator und Gesprächspartnern, die – Überraschung – meist ganz seiner Meinung sind.
Podcast: Richard David Precht zu Gast bei Carsten Linnemann
"Einfach mal machen", heißt der professionell produzierte Podcast, der wie Journalismus klingen soll, aber natürlich vor allem dem Ziel dient, Werbung für die CDU zu machen. Zu Gast in der aktuellen Folge ist Richard David Precht, dem Linnemann attestiert, man werde noch in 200 bis 300 Jahren über ihn reden. Darüber, ob das nicht etwas dick aufgetragen war, lässt sich trefflich philosophieren. Der große Denker gibt seinem Gastgeber jedenfalls erst einmal recht: Linnemann hatte neulich gefordert, Freibadrandalierer sollten am besten noch am Tattag ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Das brachte ihm gute Schlagzeilen. Schließlich kann niemand ernsthaft etwas dagegen haben, wenn in Freibädern Ruhe einkehrt. Wie das in einem Rechtsstaat umgesetzt werden soll, kann man sich dann ja immer noch später überlegen.
Für Precht steht fest: "Vor zehn, fünfzehn Jahren wäre es das Selbstverständlichste gewesen, niemand hätte sich darüber aufgeregt. Dass das überhaupt zum gesellschaftlichen Spaltungsthema taugt – da fragt man sich, was kann man überhaupt noch für Aussagen machen, die nicht zu gesellschaftlicher Spaltung führen?" Dann ärgert er sich noch in bester "Das-wird-man-doch-noch-sagen-dürfen-Manier" darüber, dass man heute für jede Kleinigkeit medial "zu Tode moralisiert" werde – und bekommt Rückendeckung von Anna Schneider.
Die Österreicherin sitzt ebenfalls im Podcast-Studio, fungiert als "Chefreporterin Freiheit" bei der Welt und arbeitet sich seit Jahren an der vermeintlich staatshörigen, links-grünen deutschen Mainstream-Gesellschaft ab. Und so stellt sie gleich mal klar, dass "grün-links-politisierte Menschen" dazu neigen, die Welt in Gut und Böse einzuteilen." Deswegen ist man automatisch schon böse, wenn man irgendwie rechts von Angela Merkel steht". Und irgendwo sitzt Friedrich Merz und denkt sich: brillant.
Für Carsten Linnemann ist der Podcast ein Heimspiel
Für Moderator Linnemann ist das Gespräch ein Selbstläufer. In der Folge zuvor hatte er sich übrigens gleich Parteichef Merz höchstpersönlich eingeladen, da kann nichts schiefgehen. In einer anderen Episode unterhält er sich mit Nena Brockhaus, Autorin von Büchern wie "Ich bin nicht grün" oder "Alte weise Männer", über Elektroautos. Konfrontationspotenzial? Eher nicht. Auch die Parteifreunde Caroline Bosbach und Philipp Amthor waren schon da. Gemeinsam. Heimspiel Linnemann.
Es gibt einen Deal zwischen Linnemann und Friedrich Merz
Für den strategischen Kopf der CDU ist das Format eine ideale Plattform, um zu demonstrieren, wohin er die Partei führen will. Vielleicht auch, um zu zeigen, dass zumindest er verstanden hat, wie moderne Kommunikation geht. Nach Informationen unserer Redaktion gibt es einen Deal zwischen Linnemann und Merz, nachdem der Generalsekretär die rechte Flanke abdecken soll, damit der Parteichef sich bis zur Bundestagswahl etwas mittiger – und damit kanzlerkandidatentauglicher – positionieren kann. Dass Merz diesen Deal mit seinen Aussagen zur AfD gleich mal torpediert hat, soll Linnemann geärgert haben. Aber er kann ja einfach mal seine eigenen Nachrichten machen.