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Berlin
Studie zeigt: Es gibt weniger "latenten Antisemitismus" als vor 20 Jahren
Anfeindungen gegen Juden wecken Sorgen. Noch immer hegen viele Menschen Vorurteile. Eine Forsa-Studie zeigt allerdings: Früher war keineswegs alles besser.
Antisemitismus.jpeg       -  Viele Jüdinnen und Juden sind in jüngster Zeit besorgt um ihre Sicherheit in Deutschland.
Foto: Carsten Koall, dpa | Viele Jüdinnen und Juden sind in jüngster Zeit besorgt um ihre Sicherheit in Deutschland.
Redaktion
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:43 Uhr

Die Menschen in Deutschland äußern heute deutlich seltener negative Vorurteile über Juden als noch vor 20 Jahren. Der Anteil von Menschen mit "latentem Antisemitismus" sei von 23 Prozent im Jahr 2003 auf sieben Prozent in diesem Jahr zurückgegangen, ermittelte das Institut Forsa im Auftrag des Magazins Stern. Bei Anhängern der AfD sind negative Einstellungen gegenüber Juden laut Umfrage allerdings doppelt so häufig wie bei Anhängern anderer Parteien.

Der Stern ließ Ende November eine Befragung wiederholen, die es vergleichbar bereits 1998 und 2003 gegeben hatte. Befragt wurden diesmal 2018 deutschsprachige Bundesbürger ab 14 Jahre, jeweils etwa 1000 in Ost und West. Wie damals wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern acht spezielle Fragen vorgelegt, mit denen Forscher antijüdische Einstellungen aufspüren. In allen acht Kategorien ging die Zustimmung zu negativen Vorurteilen zurück.

Befragte glauben, jüdische Menschen zögen Vorteile aus der NS-Vergangenheit

Zum Beispiel stimmten der Aussage "Viele Juden versuchen aus der Vergangenheit des Nationalsozialismus heute ihren Vorteil zu ziehen und die Deutschen dafür zahlen zu lassen" 2023 noch 24 Prozent ganz oder überwiegend zu - im Vergleich zu 38 Prozent 2003. Zu dem Satz "Juden haben auf der Welt zu viel Einfluss" äußerten sich jetzt 14 Prozent zustimmend, nach 28 Prozent vor 20 Jahren.

Die Phrase "Durch ihr Verhalten sind die Juden an ihren Verfolgungen nicht ganz unschuldig" bejahen heute 9 Prozent, damals waren es 19. "Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen daher nicht recht zu uns" finden heute sieben Prozent, damals waren es 17 Prozent. Bei den übrigen Fragen war der Trend ähnlich. Der Wert zum "latenten Antisemitismus" wurde aus den Antworten zu sechs der acht Fragen berechnet. Der ermittelte Wert von sieben Prozent entspricht anderen aktuellen Umfragen wie der Leipziger Autoritarismusstudie von 2022.

Antworten von AfD-Anhängern viel negativer

Bei Anhängern der AfD ergibt sich ein anderes Bild als beim Durchschnitt. Der Behauptung, Juden zögen angeblich "Vorteile" aus der Vergangenheit des Nationalsozialismus, stimmte jeder zweite AfD-Anhänger zu (49 Prozent im Vergleich zu 24 Prozent insgesamt); dass der Einfluss der Juden auf der Welt zu groß sei, bejahten 26 Prozent der AfD-Anhänger; dass Juden "eigentümlich" seien, fanden im AfD-Lager 17 Prozent. In allen Kategorien äußerten sie sich negativer als der Schnitt der übrigen Befragten.

Obwohl die Befragten selbst seltener negative Einstellungen äußern als 2003, halten sie die Stimmung im Land gegenüber Juden insgesamt für schlechter: 53 Prozent sagen, dass Einstellungen gegenüber Juden in den vergangenen Jahren negativer geworden seien - im Vergleich zu 30 Prozent im Jahr 2003. Im eigenen Bekanntenkreis vermuten die Befragten ebenfalls etwas häufiger negative Einstellungen gegenüber Juden als noch vor 20 Jahren.

Antisemitismus-Beauftragter besorgt über "harten Kern"

Viele Jüdinnen und Juden haben in jüngster Zeit mehr Ängste vor Anfeindungen und Sorge um ihre Sicherheit in Deutschland, denn seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober ist die Zahl der gemeldeten antisemitischen Vorfälle stark gestiegen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Rias erfasste seither im Schnitt 29 antisemitische Vorfälle pro Tag.

Der Berliner Antisemitismus-Beauftragte Samuel Salzborn sagte dem Stern zu den Zahlen: "Der harte Kern der Antisemiten wird radikaler, brachialer, unter Umständen auch gewaltbereiter." Die Mehrheit im Land müsse sich aktiv gegen Antisemitismus positionieren, forderte Salzborn. "Sonst prägen diejenigen, die aggressiver werden, sehr viel mehr die öffentlichen Debatten." (dpa)

 
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