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Istanbul
Ukraine setzt neuen Getreide-Korridor im Schwarzen Meer
Der Schiffsverkehr zwischen dem Bosporus und ukrainischen Häfen nimmt zu. Die Macht der russischen Schwarzmeerflotte schwindet.
Schwarzes Meer.jpeg       -  Die Ukraine hat einen neuen Getreide-Korridor im Schwarzen Meer durchgesetzt.
Foto: Ukrinform, dpa | Die Ukraine hat einen neuen Getreide-Korridor im Schwarzen Meer durchgesetzt.
Susanne Güsten
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:24 Uhr

„Resilient Africa“, „Aroyat“ und „Azara“ transportieren Getreide und beweisen gerade, dass die Ukraine auch ohne russische Zustimmung ihre Produkte über das Schwarze Meer zu den Weltmärkten exportieren kann. Die drei Frachter und andere Schiffe haben in den vergangenen Tagen ohne Zwischenfälle einen neuen Seekorridor zwischen ukrainischen Häfen und dem Bosporus in Istanbul passiert. Zwei Monate, nachdem Russland das Istanbuler Getreideabkommen aufgekündigt hatte, schwindet die Macht der russischen Kriegsmarine im Schwarzen Meer. 

„Der Korridor funktioniert – Schiffe kommen und fahren“, beobachtet der Istanbuler Sicherheitsexperte Yörük Isik. Inzwischen fahren auch Schiffe mit nicht landwirtschaftlicher Ladung wie Roheisen durch den neuen Korridor, wie Isik unserer Redaktion sagte. Die „Resilient Africa“ und die „Aroyat“ erreichten in den vergangenen Tagen den Bosporus. Die „Azara“ und mindestens zwei weitere Schiffe sind unterwegs. 

Nach Kriegsbeginn blockierte die russische Schwarzmeerflotte ukrainische Häfen

Russland hatte nach Kriegsbeginn im vergangenen Jahr mit seiner Schwarzmeerflotte ukrainische Häfen blockiert. Im Istanbuler Getreideabkommen vom Juli 2022 verpflichtete sich Russland dann, keine Getreidefrachter anzugreifen: Die Ukraine konnte dadurch mehr als 30 Millionen Tonnen Getreide exportieren. Doch nach einem Jahr stieg Russland aus dem Vertrag aus, weil es Nachteile für die eigenen Exporte sah, und greift seitdem ukrainische Häfen und Getreidesilos an. Jedes Schiff, das ukrainische Häfen ansteuere, könne militärische Ladung an Bord haben und gelte als legitimes Angriffsziel, droht Moskau. Bemühungen der Türkei, das Istanbuler Abkommen wiederzubeleben, blieben bisher erfolglos. 

Die USA dachten sich nun mit der Ukraine und befreundeten Staaten in der Region einen neuen Seekorridor aus, der unabhängig von Russland funktionieren soll. Entscheidend für die neue Lösung war, dass die Ukraine im Juni die kleine Schlangen-Insel vor ihrer Südwestküste von den Russen zurückerobern konnte. Damit kann die Ukraine die Fahrt von Schiffen aus ihren Häfen in ihrem Hoheitsgebiet militärisch sichern und sie durch die Hoheitsgewässer der Nato-Länder Rumänien, Bulgarien und Türkei zum Bosporus schicken; russische Angriffe auf zivile Schiffe im Nato-Gebiet sind sehr unwahrscheinlich. 

Die russische Marine muss die Schiffe ziehen lassen

Dass die russische Marine die Schiffe ziehen lassen muss, liegt nach den Worten von Isik an der erfolgreichen ukrainischen Taktik gegen die Schwarzmeerflotte. „Die Ukraine hat zwar kaum eine eigene Marine, verbindet aber den klugen Einsatz landgestützter Lenkraketen mit dem von Flugdrohnen und extrem gefährlichen Wasserdrohnen“, sagte Isik. Das diene der Abschreckung und ziele auf den „Kampfwillen“ der Russen, fügte er hinzu. Vorige Woche beschoss die Ukraine das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte mit Raketen. 

Die Uno begrüßte den neuen Seekorridor, der für die ukrainische Exportwirtschaft zu einem wichtigen Instrument werden könnte: China hat nach Medienberichten bei der Ukraine mehrere Hunderttausend Tonnen Futtermais bestellt, die durch den neuen Korridor verschifft werden sollen. „Die Ukraine hat die Situation im Schwarzen Meer verändert – und zwar, ohne Kompromisse mit Russland einzugehen“, sagt Isik. 

Die Türkei ist skeptisch

In der Türkei trifft der neue Korridor auf Skepsis. Ankara argumentiert, die Sicherheit der Schiffe sei nicht garantiert. Eine Zusammenarbeit mit Russland sei unerlässlich. Unter dem Druck der USA und als Staat, der zwischen Russland und der Ukraine neutral bleiben will, kann die Türkei den ukrainischen Korridor aber nicht ablehnen. 

Wie die Uno will sich Präsident Recep Tayyip Erdogan weiterhin dafür einsetzen, den ursprünglichen Getreidedeal neu zu beleben. Russland sei kein Land, das man ignorieren könne, sagte er vor wenigen Tagen. Nach seinem Besuch bei der UN-Vollversammlung in New York beklagte Erdogan vor türkischen Journalisten, er habe bei anderen Spitzenpolitikern „eine negative Haltung“ gegenüber Kremlchef Wladimir Putin festgestellt, mit der er nicht einverstanden sei. 

Erdogan und Putin hatten Anfang September einen eigenen Getreide-Deal vereinbart. Danach will Russland eine Million Tonnen Getreide in die Türkei liefern, wo sie zu Mehl verarbeitet und weiterexportiert werden sollen; bezahlen soll das Emirat Katar. Bisher sind die russischen Getreidefrachter nicht in der Türkei angekommen. 

 
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