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Studien zu Einsamkeit
Einsamkeit kann psychisch ähnlich belastend sein wie Krebs
Studien zufolge fühlen sich 14 Prozent aller Deutschen einsam. Der Deutsche Ethikrat spricht von einem viel zu wenig untersuchten Phänomen.
Lara Voelter
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:34 Uhr

Unter Forschern gibt es heute einen Konsens: Wer den Zustand einer demokratischen Gesellschaft erfassen will, kann ihn zumindest teilweise an der Frage ermessen, wie viele Menschen durch Einsamkeit dauerhaft belastet sind. Wenn das so ist, dann gibt es in Deutschland ein Problem. Denn immer mehr Menschen fühlen sich einsam. Laut einer Studie der Universität Magdeburg von Juni 2023 geht es aktuell etwa 14 Prozent der Bevölkerung so. 

Nach Einschätzung der Stiftung Patientenschutz ist Einsamkeit die größte Volkskrankheit in Deutschland. Sie könne jede und jeden treffen. Vorstand Eugen Brysch weist darauf hin, dass nicht nur ältere Menschen davon betroffen seien, wie häufig angenommen, sondern auch immer mehr junge Menschen – nicht erst seit Corona. Allerdings hat die Pandemie diese Tendenz noch verstärkt. Während der Corona-Zeit gaben 2021 fast 42 Prozent der Deutschen an, sich einsam zu fühlen. Von den unter 30-Jährigen fühlten sich sogar 48 Prozent einsam.

Einsamkeit kann so belastend sein wie Krebs

Janosch Schobin vom Kompetenznetz Einsamkeit des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt am Main vergleicht Einsamkeit von der psychischen Belastung her mit jener, die Menschen mit einer Krebserkrankung haben können. Er sagt, der Blick der Forschung auf das Thema habe sich stark verändert: "Einsamkeit wird inzwischen als eine elementare Mangelempfindung aufgefasst. Immer häufiger wird sie mit Hunger oder Schmerzen verglichen – und immer seltener als ein rein subjektives Gefühl verstanden." 

Laut Schobin zeigen neuropsychologische Forschungsergebnisse, dass Einsamkeit in ähnlichen Hirnregionen verarbeitet wird wie physischer Schmerz. Und dass sich die körperlichen Symptome beider Empfindungen überschneiden. 

Einsamkeit betrifft alle Altersgruppen und Menschen

Schobin sagt, in Deutschland gebe es bereits viele Angebote. Das Problem aber sei die Unklarheit bei den Zielgruppen. "Wer zum Beispiel nicht alt ist, arbeitet und keine psychische Erkrankung hat, kann trotzdem sehr einsam sein. Für sie oder ihn gibt es dann aber keine Angebote." Daher sei es wichtig, Einsamkeit als gesamtgesellschaftliches Problem zu sehen. 

Die Politik hat die Gefahr erkannt. Das Bundesfamilienministerium erarbeitet seit mehr als einem Jahr für eine Sensibilisierungskampagne zahlreiche Maßnahmen, um Einsamkeit vorzubeugen und zu lindern. Auch Bayerns Gesundheitsminister, Klaus Holetschek (CSU), startete im April einen Präventionsschwerpunkt gegen Einsamkeit. 

Einsamkeit als viel zu wenig untersuchter Krankheitsfaktor

Der Deutsche Ethikrat bekräftigt, Einsamkeit sei ein viel zu wenig untersuchter Krankheitsfaktor und ein Sterberisiko. Die Vorsitzende, Alena Buyx, sagt, vor allem bei älteren Männern steige das Suizidrisiko, wenn sie sehr einsam seien. Aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychische Erkrankungen nähmen mit steigender Einsamkeit zu. 

Vor einigen Tagen kündigte Buyx auf X (ehemals Twitter) für das kommende Jahr eine große Veranstaltung des Ethikrates hierzu an. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt sie, der Ethikrat habe in der letzten Sitzung beschlossen, einen Jahrestag zum Thema Einsamkeit abzuhalten. Ein konkretes Programm gibt es noch nicht. Buyx sagt: "Es gibt zur Einsamkeit noch viel zu untersuchen. Und wir wollen unsere Plattform dafür nutzen, um diesem Thema mehr Aufmerksamkeit und mehr Gehör zu verschaffen. Ziel kann nicht sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Menschen immer einsamer werden."

 
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