Mancher Kreis schließt sich erst nach mehr als 30 Jahren. Die DDR existiert noch als souveräner Staat, als der junge Theologe Stephan Steinlein 1990 als Botschafter seines Landes nach Paris geht. Allerdings kommt er nicht mehr dazu, Präsident François Mitterand sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen – die Ereignisse zu Hause, in Deutschland, sind schneller als das französische Protokoll. Nach sechs Wochen ist die Mission Paris für Steinlein schon wieder zu Ende und die DDR Geschichte.
In der kommenden Woche kehrt er nach einer langen und steilen Karriere im politischen Berlin nach Frankreich zurück – als Nachfolger des scheidenden Botschafters Hans-Dieter Lucas. Steinlein, mit einer Französin verheiratet, Vater von vier Kindern und bereits mit dem prestigeträchtigen Titel eines Offiziers der französischen Ehrenlegion dekoriert, hat schon als junger Mann in der DDR begonnen, Französisch zu lernen, und in den Wendejahren 1989/90 zeitweise auch in Straßburg studiert. Als er vor zwei Jahren seinen Mentor Frank-Walter Steinmeierauf dessen Staatsbesuch in Israel begleitete, wurde in der Delegation schon kräftig spekuliert, ob er Deutschland dort nicht bald als neuer Botschafter vertreten würde. Das aber wurde dann Angela Merkels ehemaliger Regierungssprecher Steffen Seibert– und für Steinlein, darf man annehmen, ist Frankreich ohnehin die bessere Wahl. Mit keinem anderen Land, das eigene ausgenommen, ist er enger verbunden.
Stephan Steinleins Karriere ist eng mit der von Frank-Walter Steinmeier verknüpft
Der 62-Jährige gehörte zu den ersten Ostdeutschen, die Anfang der Neunzigerjahre die Diplomatenakademie des Auswärtigen Amtes durchliefen – ein ruhiger und kluger Vertreter seiner Zunft, dessen Weg untrennbar mit dem des heutigen Bundespräsidenten verbunden ist. Nach drei Lehrjahren in Warschau diente Steinlein dem damaligen Kanzleramtschef Steinmeier schon als Pressereferent und Büroleiter, und als der SPD-Mann Außenminister wurde, war es nur zwangsläufig, dass Steinlein an die Spitze des Leitungsstabes im Auswärtigen Amt rückte. Später wurde er dort Staatssekretär und 2017 schließlich unter dem neuen Präsidenten Steinmeier Chef des Bundespräsidialamtes, von wo aus er im vergangenen Jahr wieder zurück ins Auswärtige Amt wechselte.
Dass die Zeiten schwierig sind, auch im Verhältnis zwischen Berlin und Paris, weiß Stephan Steinlein. In diesen turbulenten Zeiten jedoch, sagt er, seien Deutschland und Frankreich mehr denn je aufeinander angewiesen. "Gemeinsam bauen wir an einem starken Europa, das an seine Zukunft glaubt."